Meininger Lyriker erlebte Farben Havannas
Havanna, die kubanische Hauptstadt, feiert in diesem Jahr ihr 500. Jubiläum. Viel Musik, Kunst, Tanz und Literatur werden geboten. Zur Biénale de poesia war der Meininger Hans-Peter Feix als einziger Deutscher eingeladen.
Meiningen – „Havanna ist eine Stadt voller Farben und Kontraste“, erzählt Hans-Peter Feix. Zum ersten Mal war der weltgereiste Meininger mit seiner Frau Annette Ende Mai dieses Jahres für eine Woche auf Kuba. In der Hauptstadt nahm der Lyriker und Hobbyfotograf vom 27. Mai bis 2. Juni an der Biénale de poesia teil. Rund 200 Autoren aus 24 Ländern hatte der Unión Nacional de Escritores y Artistas de Cuba (Nationale Union der Schriftsteller und Künstler Kubas) dazu eingeladen. Im Fokus standen Völkerverbindung, Souveränität und Solidarität der Länder.
Neben vielen kubanischen Schriftstellern waren unter den Teilnehmern Lyriker aus Mexiko, den USA, Kolumbien und weiteren lateinamerikanischen Ländern sowie aus dem Iran und aus Russland. Die wenigsten kamen aus Europa, neben drei Spaniern und einem Esten war Hans-Peter Feix der einzige Deutsche. So fühlte sich der Meininger auch ein wenig stolz, dass er zu den Auserwählten dieser internationalen Biennale der Poesie gehörte. Organisation und Kosten der Reise musste er allerdings selbst übernehmen.
Kubanischer Freund
Auf die Idee gebracht hatte ihn sein kubanischer Freund Ernesto, mit dem er seit vielen Jahren in Kontakt ist. Er studierte ursprünglich in Deutschland, lebt aber schon lange wieder in Havanna. „Ernesto arbeitet als Diplomingenieur, ist aber sehr belesen. Irgendwann habe ich ihm meinen Gedichtband ‚Unter der Haut’ geschenkt, seitdem ist er ein Fan meiner Lyrik“, verrät Feix. Der kubanische Freund schrieb dann an den Präsidenten des kubanischen Schriftstellerverbands Alex Pausides und fragte wegen einer Teilnahme seines Freundes an. „Im Januar dieses Jahres erhielt ich die Einladung. Ich sollte meine Texte einreichen, damit sie ins Spanische übersetzt werden können“, erinnert sich Feix.
Der studierte Synthesechemiker, Jahrgang 1952, der Anfang der 90er Jahre seine Arbeit in einem Meininger Forschungsinstitut aufgeben musste, arbeitete danach weltweit unter anderem für einen der größten Chemie- und Pharmaziekonzerne. Für kleinere Firmen war er später in Ländern des Nahen Ostens sowie in Ost- und Nordafrika tätig. Von diesen Reisen schwärmt er noch heute. Kuba hätte dagegen eigentlich nicht zu seinen Traumländern gehört.
Seine Lust am Schreiben und Fotografieren entdeckte Feix während seiner Reisen. Inzwischen ist beides für ihn eine Art Berufung. Neben Gedichten schreibt er auch Theaterstücke, spielt in Inszenierungen der Meininger Bürgerbühne und im „BurgTheaterle“, das er mit einigen Theaterenthusiasten gründete. Über Deutschland hinaus zu wirken, das reizte ihn an der Kubareise.
Eine kleine Auswahl seiner vielen Gedichte, die er in den letzten Jahren geschrieben hat, reichte er zur Biennale in Havanna ein. Neben Liebesgedichten gehörte ein kritisches über die sozialen Widersprüche der heutigen Zeit dazu. Unterm Titel „Meister des kleinen Glücks“ heißt es darin:
„lotterie / wöchentlich /die hoffnung / auf den ganz / großen auftritt / des glücks / was sonst / stets vorbeihuscht / als hätte es angst / beim kleinen mann / hängen / zu bleiben / und etwas abzugeben / vom füllhorn / für die von ihm / begnadeten / ach wüsste es / welch freude / es den glückfreien / bereitet / in den zu boden / gefallenen / spritzern / zu baden und / die brosamen / zu genießen / die es in der hast / verloren.“
Dieses Gedicht stellte er unter anderem zur Biénale de poesia vor. Eröffnet wurde das Festival in der Kathedrale des Heiligen Franz von Assisi. „Mein Freund hat mich begleitet und mir übersetzt.“ Der Auftakt zum einwöchigen Lese-Fest sei ohne großen Pomp gewesen, es seien auch noch nicht alle Teilnehmer angereist gewesen. Die anschließenden Lesungen fanden an vielen Orten in ganz Havanna statt. „Ich war bei Studenten an der Hochschule für Design, im Poesiezentrum und mitten unter Leuten im Hof eines Wohnblocks zu Gast“, erzählt Feix. Mit Ernesto als Übersetzer stellte er seine Gedichte den Kubanern vor. Leider sei es dabei kaum zum Austausch mit den Zuhörern gekommen, bedauert der Meininger. Auch unter den Schriftstellern habe es während der Biennale keine Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen gegeben.
Zusammen mit seiner Frau erkundete er Havanna und fotografierte die vielen Farben der faszinierenden Stadt. Sie spazierten auf den Malecon und in den Straßen der Altstadt mit den restaurierten und zerfallenen Gebäuden aus der Kolonialzeit. Besuchten auch das Hotel Ambos Mundos, Hemingways Lieblingshotel, und die Bar Floridita, in der Hemingway seinen Mojito oder Daiquiri trank. „Der Reichtum, wie wir ihn in unserem Hotel am Büfett erlebten, und die Armut in den Libreta-Läden, in denen die Kubaner ihre Grundnahrungsmittel billig kaufen, stehen sich krass gegenüber“, sagt Feix. Aber auch unter den Kubanern gäbe es heute große soziale Unterschiede.
Rund 1400 Fotos von Havanna hat der Meininger gemacht. Seine vielen Eindrücke „arbeiten“ noch in seinem Kopf. Irgendwann werden daraus neue Gedichte entstehen und sicherlich auch ein neues Lyrik-Foto-Buch. Natürlich möchte Hans-Peter Feix ebenso seine Fotografien in einer Ausstellung zeigen.