Hier eine Sammlung von veröffentlichten Anzeigen des Netzwerk Cubas. Diese können gerne weiterverwendet werden, im Original oder in abgewandelter Form.
„Ein einzigartiges Stipendienprogramm Kubas für den Globalen Süden“
Sie promovieren derzeit an der Humboldt-Universität in Berlin. Können Sie uns etwas über Ihren persönlichen und akademischen Hintergrund erzählen? Was ist das Thema Ihrer Arbeit?
Seit zehn Jahren arbeite ich als Forscherin am kubanischen Geschichtsinstitut Instituto de Historia de Cuba (IHC) in Havanna, habe aber ursprünglich Erziehungswissenschaften studiert. An die Humboldt-Universität zu Berlin kam ich über ein DAAD-Stipendium und bin im Begriff, hier meine Doktorarbeit fertigzustellen. Mein Thema ist die Entwicklung eines in der transnationalen Bildungsgeschichte recht ungewöhnlichen Stipendienprogramms für Kinder, Jugendliche und junge Menschen aus rund 40 Staaten und Organisationen in Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Lateinamerika, das zwischen 1977 und 2012 auf der kubanischen Insel der Jugend existierte.
Welchen Beitrag hat Kuba mit diesem Programm für die afrikanischen Länder geleistet?
Das Programm beinhaltete im Wesentlichen Stipendien für komplette Ausbildungszyklen auf allen Bildungsebenen, von der Grundschule bis zur Sekundarstufe, von der Sekundarstufe bis zur technischen Oberschule oder bis zur Universität. Das bedeutet, dass Kuba Tausende von „Internationalen Schülern“ aus der so genannten Dritten Welt, heute ein Teil des globalen Südens, als Techniker und Spezialisten in Bereichen wie Agronomie, Veterinärmedizin, Wirtschaftslehre oder Buchführung ausbildete. Diese wurden in ihren „Nationalstaaten“, zum Beispiel nach der Erlangung der formalen Unabhängigkeit, dringend benötigt. Die Stipendien wurden weltweit auf der Grundlage von Regierungsabkommen vergeben und von Kuba finanziert, ohne Einmischung eines dritten Staates oder einer Organisation und ohne finanzielle Belastung der Teilnehmenden. Wir haben es also definitiv mit einer selbstlosen Initiative zu tun, die Kubas internationalistische Solidaritätsmotivation in seiner militärischen und zivilen Hilfe für Afrika unterstreicht.
Inwiefern war dieses Programm mit seinen besonderen Merkmalen im internationalen Kontext einzigartig?
Wesentlich und ganz einzigartig ist der Fokus des Stipendienprogramms auf der Isla de la Juventud auf die Mittel- oder Sekundarstufe. Bisher herrschte in der Welt die Tendenz vor, Stipendien für die Hochschulbildung zu gewähren, sowohl im Westen als auch in den sozialistischen Ländern. Dies ist eine sehr wichtige Besonderheit, denn in jedem Land ist die Sekundarschule eine Schulstufe, welche Entwicklungsziele stark beeinflusst, in der aber die Schulabbrecherquote in Afrika und anderen Regionen der so genannten Dritten Welt sehr hoch ist.
Mit welchen Erwartungen sind die afrikanischen Schüler gekommen, mit welchen Erfahrungen sind sie zurück gegangen?
Die Statistiken über die Zahl der internationalen Studenten in diesem Programm variieren zwar von Autor zu Autor, doch halte ich bei meinen Recherchen eine Zahl von etwa 23.000 Absolventen für am wahrscheinlichsten.
Als ich insgesamt 109 befragte Absolventen aus 14 Ländern danach fragte, mit welcher ursprünglichen Erwartung sie auf die Isla kamen, antworteten 92,6 Prozent der Befragten: „Ich wollte zurückkehren und beim Wiederaufbau bzw. bei der Entwicklung meines Landes helfen“. Das führe ich auf ein kollektives Streben nach einer gerechteren und nach sozialistischen Prinzipien entwickelten Gesellschaft zurück, welches man damals bei verschiedenen afrikanischen Führungspersönlichkeiten feststellen konnte. In der Regel fanden diese ihren Rückhalt in den am stärksten benachteiligten Sektoren, wie Bauern und Arbeiter, die auf der Insel der Jugend gut vertreten waren und den Antrieb hatten, das dramatische koloniale Erbe zu ändern.
Zweifellos ist diese Zeit, die sie auf der Insel verbracht haben, eines der Markenzeichen für den späteren Werdegang vieler Absolventen. Sie sprechen von einer Ausbildung, die nicht nur eine sehr starke Gruppenidentität geschaffen hat, sondern auch einen Sinn für Patriotismus, Pflichtbewusstsein, eine proaktive Anpassung an schwierige Arbeitsumgebungen, die Bereitschaft, überall dort zu arbeiten, wo es notwendig ist, und einen kollegialen Umgang, unabhängig von der Arbeitshierarchie.
Oftmals verwischte die traditionelle pädagogische Abgrenzung zwischen Lehrern und Schülern und erleichterte den Schülern die Anpassung an das neue Leben und die neue Kultur. Vor allem aber begünstigte sie den Erfolg im Studium. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Absolventen nicht nur bemühen, als Gruppe auf die Insel der Jugend zurückzukehren, sondern auch den Kontakt zu ihren kubanischen „Eltern“ aufrechtzuerhalten und sie in ihre Heimatländer einzuladen.
Eine persönliche Frage: Welche Beziehung haben Sie als junge Kubanerin zum afrikanischen Kontinent?
Es ist eine von Wertschätzung geprägte Beziehung. Die afrikanische Präsenz, vor allem die der versklavten Menschen, ist einer der Einflüsse, die das kubanische Volk zu einer einzigen genetischen Familie gemacht haben. Weniger bekannt ist der afrikanische Beitrag im Kampf gegen den spanischen Kolonialismus und später gegen den amerikanischen Neokolonialismus. Ich vermute, dass ich mich aufgrund dieser beiden Komponenten – Tradition und Widerstand – mehr mit dieser Region verbunden fühle als mit anderen.
Das Interview erschien zuerst in der Zeitschrift der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Cuba Libre 1/2023
„Yo, sí puedo“: Kubanische Lehrkräfte in Honduras eingetroffen
Tegucigalpa. Am 20. Dezember sind in der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa 123 Lehrkräfte aus Kuba eingetroffen. Sie bereiten vor Ort die landesweite Alphabetisierungskampagne nach der erfolgreichen kubanischen Methode „Ich kann das“ ( Yo, sí puedo) vor. Diese Aktion findet im Rahmen des bilateralen Bildungsabkommens statt.
Der Einsatz kubanischer Pädagogen in Honduras sei trotz der verschärften Blockademaßnahmen gegen Kuba seitens der USA möglich gemacht worden, hob der ehemalige Präsident und jetzige Präsidentschaftsberater Manuel Zelaya hervor. Ziel ist es, die Analphabetenrate in Honduras in den nächsten vier Jahren von aktuell zwölf auf fünf Prozent zu senken.
Der Unterricht startet im Februar mit fünf kubanischen Spezialisten in der Hauptstadt, wo circa vier Prozent der Bevölkerung nicht lesen und schreiben können. Das Programm richtet sich an Erwachsene und Senioren, die zuvor keine Möglichkeiten hatten, sich Lese- und Schreibfähigkeiten anzueignen. Die Teilnahme ist kostenlos. Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme in diesen Monaten werden die Bevölkerungsteile definiert, bei denen die Maßnahme am dringendsten benötigt wird.
Mehr als zehn Millonen Menschen in über 30 Nationen haben bereits von diesem modernen audiovisuellen Programm profitiert. Es passt sich genau den landesgegebenen Strukturen an und wird in enger Koordination mit dem Lehrpersonal vor Ort durchgeführt. Nicht nur die offiziellen Landessprachen werden unterrichtet, sondern auch indigene Sprachen, um deren Übermittlung von Generation zu Generation zu fördern. Das Programm wird auch in der Blindenschrift Braille angeboten.
Zum ersten Mal wurde diese Methode ab 2003 mit der Alphabetisierungskampagne der Regierung von Präsident Hugo Chávez in Venezuela umgesetzt. Über eine Million Menschen nahmen teil. Das Programm funktioniert durch Unterricht per Video und wird durch Bücher oder Broschüren ergänzt. Ebenso wichtig ist ein „Lernhelfer“ (Facilitador): eine Person aus der gleichen Gemeinde, die durch Spezialisten geschult wird, um ihren Nachbarn beim Lernprozess zu helfen. Bereits im Jahr 2005 konnte die Unesco Venezuela als frei von Analphabetismus erklären.
Kuba selbst hat gemäß Unesco schon lange Zeit eine der höchsten Raten der Alphabetisierung in Lateinamerika: 99,8 Prozent.
„Ich glaube weiterhin fest daran, dass eine bessere Welt möglich ist.“ (Fidel Castro) (Anzeige)
»Voneinander lernen«
Allgemein gesprochen, ist der Internationalismus für uns ein Grundprinzip, und der kubanische Internationalismus kann in jeder Hinsicht als beispielhaft gelten. Wir orientieren uns an der internationalistischen Außenpolitik und insbesondere an der Solidarität mit der sogenannten dritten Welt, für die die Volksrepublik China in den 1950er bis 1970er Jahren bekannt war. Jetzt sehen wir vielversprechende Anzeichen für eine Wiederbelebung dieser Politik. Nicht in derselben Form, aber in der Art und Weise, wie sie heute Beziehungen zu den Regierungen, den Völkern und Volksbewegungen des globalen Südens gestaltet.
Ihr seid mit sehr konkreten Fragen angetreten.
Ja, für uns als Qiao-Kollektiv und unser Publikum ist die Rolle der Diaspora in den USA besonders relevant. Seit der Kubanischen Revolution haben die USA mit einigem Erfolg versucht, die reaktionärsten Elemente der kubanischen Diaspora als ideologischen Deckmantel für die Blockade und in einigen extremen Fällen als Agenten für interne subversive terroristische Angriffe auf die Kubanische Revolution zu instrumentalisieren. Diese Dynamik erkennen wir wieder. Praktisch alle in den Mainstreammedien sichtbaren Personen chinesischer Abstammung folgen der Linie des Außenministeriums in bezug auf China: Sie verurteilen ihr Herkunftsland in einer Weise, die die USA von ihrer eigenen Verantwortung für die imperialistische Aggression überall entlastet und China auf antikommunistische Weise dämonisiert. Eine weitere Parallele sehen wir in bezug auf die Entwicklungsmodelle. Kuba ist zunehmend gezwungen, ausländisches Kapital einzuladen, mehr Raum für private Unternehmen zu schaffen und den Tourismussektor auszubauen, weil die Blockade einen so großen Bedarf an Devisen geschaffen hat. Das hat natürlich Parallelen zu der frühen Reform- und Öffnungsphase in China. Die Identifikation westlicher Linker mit China hat sich in der Reformära schnell gewandelt. Wir sehen unsere Aufgabe darin, diese Widersprüche zu thematisieren, die Kluft zu überwinden und wieder Brücken zu bauen.
Hat das Kollektiv zu Beziehungen zwischen China und Kuba gearbeitet?
Das ist ein Thema, das eine eingehende Untersuchung verdient. Meines Erachtens sind die Beziehungen zwischen den Staaten und zwischen den Parteien recht herzlich. Aber ich denke, sie könnten vertieft werden. Es gibt Elemente des kubanischen Modells, die für China sehr lehrreich sein dürften. Dass Kuba in der Lage ist, seine revolutionäre Bewegung sowie seine Unabhängigkeit und Souveränität aufrechtzuerhalten, obwohl diese kleine Insel 90 Meilen vor der Küste Floridas liegt, dass es unter solch schwierigen Bedingungen immer wieder gelingt, den Prozess der Massenorganisation und Mobilisierung, der innerparteilichen und gesamtgesellschaftlichen Demokratie zu kultivieren, ist beispiellos.
Das scheint eine gute Basis für einen Austausch.
Aber nicht nur wirtschaftlicher oder diplomatischer Natur, zugleich auch für einen Austausch, der hervorhebt, wie beide Länder in unterschiedlichen Revolutionsprozessen voneinander lernen und sich in dieser Zeit der Krise stärken können. Am Ende kann man sich in Richtung einer multilateralen Zukunft des Sozialismus und letztlich auf den kommunistischen Horizont zubewegen.
Interview: Florentine Morales Sandoval
»Wer Frieden will, muss gegen die NATO kämpfen«
Am vergangenen Wochenende waren Sie als Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei in Kuba. Wie kam es dazu?
Ich war dort beim Internationalen Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien. Die Konferenz findet jährlich statt, war aber wegen der Pandemie zuletzt zweimal ausgefallen. Für dieses Jahr hatte sich die Kommunistische Partei Kubas bereit erklärt, einzuladen. Als DKP sind wir Mitglied im sogenannten Solidnet. Das ist die weltweite Struktur der kommunistischen und Arbeiterparteien, die diese Treffen organisiert.
Wie viele Menschen sind in Kuba zusammengekommen?
Dort waren 142 Delegierte aus 77 Parteien aus wiederum 60 Ländern. Das ist schon eine ganze Menge – zumal nicht mehr wie früher die gastgebende Partei die Kosten der Unterbringung übernommen hat.
Wie kontrovers wurde bei der Konferenz diskutiert, etwa über den Ukraine-Krieg?
Es gibt unterschiedliche Einschätzungen zu verschiedenen Themen, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen. So ist es auch beim Ukraine-Krieg. Wir waren uns vollkommen einig, dass die größte Gefahr für den Frieden und die Menschheit von den Imperialisten in den USA, in der EU, in der NATO ausgeht. Über die Unterschiede in der Bewertung etwa der Russischen Föderation wurde bilateral diskutiert, munter und intensiv. Im Plenum sind solche Debatten wenig sinnvoll.
Mich freut, dass es sowohl eine gemeinsame Abschlusserklärung als auch einen gemeinsamen Aktionsplan gibt. Das liegt auch an dem großen Engagement der kubanischen Gastgeber. Die Kommunistische Partei hat diesem Treffen eine ungeheure Bedeutung beigemessen. Ihr Generalsekretär, der kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel, hat zweimal an dem Treffen teilgenommen und auch eine Rede gehalten.
Noch mal zum Ukraine-Krieg: Waren bei der Konferenz auch Vertreter aus Russland bzw. aus der Ukraine?
Ja. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation und die Russische Kommunistische Arbeiterpartei waren dort, ebenso wie der Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Kommunistischen Partei der Ukraine. Auch die Sicht dieser Genossen auf die Lage war sehr ähnlich.
Angesichts der Unterstützung der KPRF für den russischen Krieg in der Ukraine fragen sich einige, ob ihre Nähe zur Staatsführung zu groß ist. Spielten solche Debatten auch bei Ihnen eine Rolle?
Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation unterstützt die Politik der Regierung bezüglich der Ukraine und auch den Krieg. Aber deswegen hat sie keineswegs ihre Oppositionsrolle aufgegeben. Sie bringt sich deutlich in die sozialen Auseinandersetzungen in Russland ein. Zudem fällt auf, dass sich die Position der KPRF und die der Russischen Kommunistischen Arbeiterpartei in der Frage annähern, obgleich sie sonst auch Differenzen haben.
Sie haben auf die Abschlusserklärung verwiesen. Welche Themen sind aus Sicht der kommunistischen Parteien die drängendsten dieser Zeit?
Auch da ging es um den Ukraine-Krieg als eine der bedrohlichsten Entwicklungen derzeit. Es droht ein dritter Weltkrieg, ein Atomkrieg. Aber auch die anderen Kriege dürfen nicht vergessen werden: der im Jemen, die auf dem afrikanischen Kontinent. Bei all diesen stehen entweder die USA, die EU, die NATO oder eine Kombination von ihnen dahinter. Wir sind uns einig: Wer Frieden und sozialen Fortschritt will, muss gegen die NATO und den Imperialismus kämpfen. Das ist der Geist der Abschlusserklärung.
Vor rund fünf Wochen wurde Kuba von einem Hurrikan heimgesucht. Zahlreiche Gebäude, landwirtschaftliche Nutzflächen, Strom- und Wasserleitungen wurden im Westen der Insel beschädigt. Welchen Eindruck haben Sie von der aktuellen Lage im Land bekommen?
Ich hatte nur einen begrenzten Einblick, auch weil ich hauptsächlich an der Konferenz in Havanna teilgenommen habe. Klar ist aber, dass Kuba deutlich weniger hart von Naturkatastrophen dieser Art getroffen wäre, wenn es nicht diese unmenschliche, verfluchte 60jährige Blockade gäbe. Deren Auswirkungen sieht man überall, etwa wenn Tankstellen entweder geschlossen sind oder ewig lange Schlangen von Autos davor warten. Man spürt den Würgegriff des Imperialismus. Aber gleichzeitig gibt es da auch das gemeinsame Kämpfen dafür, dass man sich nicht vom sozialistischen Weg abbringen lässt.
»Wir müssen die Trennung überwinden«
https://www.jungewelt.de/beilage/art/443383
Grußbotschaft Von Aleida Guevara
Aleida Guevara ist die Tochter des argentinisch-kubanischen Revolutionärs Che Guevara. Sie ist Kinderärztin und Mitglied der Kommunistischen Partei Kubas (PCC).
Liebe Genossinnen und Genossen, es ist mir eine Ehre, zu euch zu sprechen. Zum 28. Mal findet die Rosa-Luxemburg-Konferenz statt. Ich hätte sehr gern persönlich mit euch vor Ort über Themen diskutiert, die uns alle zur Zeit bewegen. Aber es ist mir leider nicht möglich, an zwei Orten gleichzeitig zu sein, und die Genossinnen und Genossen der Kommunistischen Partei Indiens hatten ihre Einladung an mich schon vor langer Zeit ausgesprochen. Ich habe deshalb diese Videobotschaft aufgenommen, um einen Gruß an euch alle vor Ort zu schicken.
Existenzverlust
Mein Vater wäre in diesen Tagen 98 Jahre alt geworden, und es ist wirklich erstaunlich, dass er immer noch präsent ist. José Martí hat geäußert, wenn die Menschen die Tugenden anderer Menschen anerkennen können, dann haben sie diese Tugenden selbst in sich. Es ist deshalb so wichtig, zusammenzukommen und sich um eine bessere und gerechtere Welt zu bemühen. Der Kapitalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er trennt. Wir müssen die Trennung überwinden. Wenn wir eine neue, eine andere Welt aufbauen möchten, können wir uns den Luxus, als einzelne zu agieren, nicht leisten. Sicherlich, wir haben unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Wenn man diese aber miteinander diskutiert und sie in einen Kontext setzt, dann wären wir wirklich stark.
Ein Wirtschaftswissenschaftler aus den USA, dessen Name mir entfallen ist, sagte einmal, dass eine Gesellschaft, die die Ethik verliert, auch das Recht zur Existenz verliert. Das ist eine traurige Wahrheit. Leider ist die Menschheit auf dem Weg, ihre Existenz zu verlieren. Es gibt Kriege zwischen Völkern, die Brüder und Schwestern sein könnten – Kriege, die angezettelt werden durch mediale und sonstige Manipulationen seitens der Vereinigten Staaten. Das ist unerhört, und wir erleben es in den letzten Jahren immer wieder. Man muss sich dagegenstellen, denn wir brauchen Frieden. Eine friedliche Entwicklung ist das A und O. Aber es muss auch ein Frieden in Würde sein. Che Guevara sagte stets, man könne nicht von »Frieden« sprechen, solange noch ein einziges Kind auf der Welt an Hunger sterben muss. Wir können nicht von »Frieden« sprechen, solange Kinder an Unterernährung sterben oder an Krankheiten, die geheilt würden, wären die richtigen Medikamente vor Ort.
Wirklicher Frieden bedeutet auch soziale und wirtschaftliche Entwicklung und Solidarität zwischen den Völkern. In diesen schwierigen Jahren der Pandemie haben wir viel gelernt und verstanden, was Solidarität bedeutet. Ich hoffe, niemand wird vergessen, wie wichtig diese Solidarität ist, um voranzukommen, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen, um eine Kraft zu entwickeln, mit der wir die Realität verändern können. Diskutiert, analysiert, sucht nach Lösungen!
Sagen, was man denkt
Mein Vater sagte immer: »Man muss sagen, was man denkt, ohne Angst.« Ganz egal, wer es sagt, jeder hat das Recht, sich zu äußern oder zu fragen, wenn man etwas nicht versteht. Aber man muss dennoch versuchen, Lösungen zu suchen. Wenn man einfach nur diskutiert um der Diskussion Willen, dann passiert gar nichts, dann kommen wir nicht voran. Aber ein Problem zu diskutieren, um eine Lösung zu finden, dadurch kommen wir voran, dadurch wachsen wir.
Also, suchen wir gemeinsam nach Lösungen, um gemeinsam voranzuschreiten. Eine andere, eine gerechtere Welt ist möglich! Wir müssen weiter kämpfen, Genossinnen und Genossen, bis zum Sieg.
»Wir wollen Kuba helfen, ökologisch Strom zu erzeugen«
Seit dem vergangenen Jahr treibt Ihr Netzwerk das Projekt »Ein Solarkraftwerk für Cuba« voran. Weitere Sonnenkollektoren sind bereits auf dem Weg nach Kuba. Wie steht es um die Energieversorgung dort, nachdem der Hurrikan »Ian« vor einigen Wochen über die Insel fegte?
Die Lage auf Kuba ist nach wie vor sehr prekär. Zunächst hatte ein durch Blitzschlag ausgelöster Brand im Industriehafen von Matanzas, östlich von Havanna, im August vier Tanks mit Treibstoff zur Stromerzeugung zerstört. Das schränkte die sowieso schwer geschädigte Stromversorgung weiter ein. Ersatzteilmangel bei großen Heizölkraftwerken hatte bereits zuvor zu Ausfällen geführt, weswegen sie kaum Strom produzieren konnten. Ende September entstanden durch Hurrikan »Ian« im Westen des Landes schwere Verwüstungen, woraufhin der Strom ausfiel. Auch über das Dach des Biotechnologieunternehmens CIM in Havanna, wo sich unsere gespendete Solaranlage mit einer Leistung von 100 Kilowattpeak befindet, fegte der Hurrikan hinweg. Die hielt jedoch stand. »Ian« hinterließ freilich in dieser Gegend nicht so verheerende Schäden wie etwa in der Region Pinar del Rio. Dort gibt es mehr als 80.000 beschädigte Häuser mit mehr als 8.000 komplett vernichteten Wohnungen.
Die Lage wird zusätzlich durch die US-Blockade gegen Kuba verschärft. Hat sich irgend etwas verbessert, seitdem Joseph Biden Präsident ist?
Nein. Unter Donald Trump eingeführte Maßnahmen des Embargos bestehen weiter. Während der Hurrikankrise gab es kaum Lockerungen, um etwa Ersatzteile aus den USA wieder liefern zu können. Firmen, die nach Kuba exportieren, sind schwer zu finden. Sie müssen befürchten, selbst sanktioniert zu werden.
In welchem Umfang kann das Solarkraftwerk Kuba nutzen?
Wir hätten selbst nie gedacht, dass wir eine Solaranlage in der Größenordnung auf die Insel bringen können. Bereits fünf Monate nach der ersten Lieferung wurden 71.387 Kilowattstunden produziert, pro Monat also knapp 15.000. Zum Jahresende sollen Anlagen mit weiteren 230 Kilowattpeak ans Netz gehen. Ein weiterer Container ist unterwegs. Ab Januar 2023 ist eine Jahresproduktion von ca. 500.000 Kilowattstunden geplant.
Wie funktioniert die gespendete Anlage?
Die Solaranlage befindet sich auf dem Dach des Unternehmens CIM, wo etwa 1.000 Beschäftigte arbeiten. Der Strom wird unmittelbar im Betrieb verbraucht, Batteriespeicherung ist unnötig. Die dort erzeugte Energie entlastet das Netz von Havanna. Die Größenordnung, auf die wir sehr stolz sind, ist dennoch relativ. Wie dramatisch der Strommangel ist, zeigt sich etwa darin, dass ein sogenanntes Kraftwerksschiff aus der Türkei vor Havanna liegt, um die Insel mit Energie zu versorgen. Unsere Solaranlage spart dem kubanischen Staat ungefähr die Anschaffung von 150.000 bis 160.000 Liter Diesel beziehungsweise Heizöl.
Sie sind auf Spenden angewiesen. Wieviel Geld wird benötigt?
Vor kurzem haben wir nochmals einen Spendenaufruf gestartet und sind erfreut, dass wir insgesamt 158.000 Euro sammeln konnten. Wir wollen Kuba weiterhin helfen, mit Solaranlagen ökologisch Strom zu erzeugen. Wenn nun 160.000 Liter Heizöl nicht mehr verbrannt werden, ist das ein großer Erfolg. So können CO2-Emissionen auf der Insel reduziert werden.
Ist die Spendenbereitschaft in der BRD angesichts der explodierenden Energiekosten und wirtschaftlicher Einschnitte in Folge der Coronapandemie gesunken?
Die Menschen, die solidarisch denken und ein entsprechendes Verhalten an den Tag legen, haben beachtliche Summen gespendet. Es geht um Wiedergutmachung auch mit Blick auf den Klimawandel. Unser reiches Industrieland hat immense Schäden angerichtet: Die Hurrikanintensität in Kuba hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahrhundert verdreifacht, der Meeresspiegel steigt. Die Wetterkapriolen bringen Dürren und Überschwemmungen. Dabei hat Kuba kaum zur Klimakatastrophe beigetragen, sondern im Gegenteil seine Zuckerrohrmonokulturen aufgeforstet. Der Waldbestand ist dreimal so groß wie vor der Revolution.