„Mach du die Zeichnung, ich mache den Krieg dazu“
Eduardo Galeano nannte sie die „Vertreter der Verpackungskultur“. Also Personen, die an der Beerdigung, aber nicht an dem Toten interessiert sind, an der Hochzeit, aber nicht an der Braut. Sie behaupten, sie hätten keine Meinungsfreiheit: eine Klage, die uns jeden Tag über Twitter, über Google ja sogar über von Facebook bezahlte Anzeigen erreicht, ohne dass sich jemals einer die Mühe gemacht hätte, uns zu erklären, welche Ideen oder Gedanken ihnen unterdrückt würden.
Da für sie die Verpackung viel wichtiger ist als der Inhalt, benutzen sie alle Wege, um einen Dialog zu fordern, ohne dass wir bis jetzt wüssten, über was sie sprechen wollen. Die am meisten wahrgenommene dieser Shows fand am 27.Januar vor dem Kulturministerium statt, als an die zwanzig Personen sich dorthin begeben hatten, um zu demonstrieren. Bei dieser Gelegnheit wurde wieder einmal das Wort „Dialog“ zum Hauptdarsteller. Aber es schien aus einer anderen Sprache zu stammen. Aus einer, die ähnlich kling wie das Spanische, aber eine völlig andere Bedeutung hat.
Angefangen hat alles im November mit einem Hunger- und Durststreik, bei dem viel gegessen und getrunken wurde. Die Nachrichten und die sozialen Netze erschreckten uns mit dem möglichen Tod der Streikenden. Sie berichteten über den sich verschlechternden Gesundheitszustand und in Aufnahmen, die von den „Verstorbenen“ selbst verbreitet wurden, konnten wir mit Erstaunen sehen, wie die „fast Toten“ ohne Unterlass tanzten und sprangen.
Heute erreichte mich über e-mail eine weitere dieser der des Inhalts beraubten Formen, mit denen man aus dem Nichts Nachrichten zu fabrizieren pflegt: Ein Aufruf zu einem Kunststreik. Ja, Sie lesen richtig: ein Kunststreik! Es war die Weitersendung einer Weitersendung, dessen Original von einer gewissen in Valencia lebenden Akademikerin unterzeichnet wurde. Am Anfang habe ich an einen Scherz geglaubt und so ging ich auf die Facebook Seite dieser sogenannten Bewegung und welch eine Überraschung, es war kein Scherz.
Mit der größten Ernsthaftigkeit der Welt wurde in dem Aufruf gefordert, als Form des Protests gegen das Kulturministerium und die Nachrichtensendung des Kubanischen Fernsehens, dass niemand in den kulturellen Einrichtungen Kunst machen solle. Alle sollten dem Theater, dem Kino, den Kunstgalerien und den Kulturhäusern fernbleiben: Stellen Sie sich vor, ausgerechnet jetzt, da all diese Orte wegen der Pandemie geschlossen haben.
Es ist als ob es mir einfallen würde, für irgendetwas, was mir gerade einfällt, zu einem Sonnenstreik in Havanna aufzurufen. Ich befehle der Sonne, dass sie zwischen 6.20 p.m und 7:06 a.m nicht scheinen soll und dann werden wir mal sehen, ob sie sich daran hält. Was ist das Ziel dieser Farce? Nun, ganz einfach, danach zeigen sie Fotos von leeren Einrichtungen und die würden dann als Beweis für deren angebliche Führerschaft und Macht dienen, die sie innerhalb der kubanischen Künstler besitzen.
Natürlich wird hier niemand einem solchen Hirngespinst Glauben schenken, sie sind Führer von gar nichts, aber das ist ihnen egal. Es muss nur so aussehen, als ob sie es wären, denn Simulation und Verpackung sind die Grundstoffe, die die Medienmaschinerie konsumiert. Aus dem gleichen Grund haben sie damals dazu aufgerufen, um 9 Uhr abends für ihre Bewegung zu applaudieren, gerade die Uhrzeit, als das Volk der Arbeit seiner Ärzte Beifall spendete. Welch ein Wahnsinn!
Die Hälfte der zwanzig Leute, die im Januar vor dem Kulturministerium demonstrierten, sind Korrespondenten von Medien mit Sitz in Spanien und den USA, die für die Propaganda gegen Kuba vom NED oder USAID finanziert werden. Aber dieses Mal mussten sie Multitasking machen, sich aufspalten wie in dem Roma nDr. Jekyll, Mr. Hyde, um der Demonstration den Anschein von Masse zu geben und gleichzeitig die Rolle als unschuldige Journalisten zu spielen.
Es gibt keinen Zweifel, sie befinden sich in einem schweren Kunststreik und das führt zu Halluzinationen. Schon lange haben sie keine Metapher, keine Polisemie, kein Konzept der so nötigen ästhetischen Kalorien und Vitamine ausprobiert und sie sterben an künstlerischem Hunger und Mangel an Kreativität.
Ich sagte bereits, dass alles von Spanien und den Vereinigten Staaten aus betrieben wird und da habe ich plötzlich einige interessante Meldungen entdeckt. Es ist so, dass in den USA 16 Millionen Menschen leben, die weder lesen noch schreiben können. Sie sind nicht in der Lage, eine Zeitung zu lesen, ein Telefon einzurichten oder eine SMS zu schreiben. Weitere 27 Millionen können lesen, aber so stockend und ohne Textverständnis, dass sie praktisch Analphabeten sind. Das sind vier Mal so viel Menschen, wie auf Kuba leben. In den Nachrichten wird das nicht erwähnt, sondern nur, dass sie volle Meinungsfreiheit genießen.
In der anderen Meldung, dieses Mal aus Spanien, wird berichtet, dass dort etwa 150 Künstler, Rapper, Twitterer, Journalisten und Politiker wegen verbotener Meinungsäußerung verurteilt wurden. Der letzte von ihnen, der Rapper Pablo Hazel, muss neun Monate ins Gefägnis oder 30.000 Euro Strafe zahlen, weil er ein Lied gegen König Juan Carlos gesungen hat.
Diese skandalösen Tatsachen ganz in ihrer Nähe sind jedoch für das fiktive Kuba, das sie gern fabrizieren würden, unsichtbar. Um solche Methoden der Täuschung zu definieren, hat man jüngst den Begriff Postwahrheit kreiert, ein Neologismus, der die vorsätzliche Verzerrung einer Realität beschreibt, in der die objektiven Tatsachen weniger Einfluss haben, als die Appelle an die persönlichen Gefühle und die Überzeugungen der Menschen.
Die Post-Wahrheit ist jedoch nichts Neues und es ist auch nicht das erste Mal, dass sie als Methode der politischen Manipulation gegen Kuba verwandt wird. Bereits vor langer Zeit, im Jahr 1898, während der Yankee Intervention im Krieg gegen Spanien, schrieb der US- Pressemagnat William Randolph Hearst in seinem Bericht über die Insel: „Du machst die Zeichnungen, ich mache den Krieg dazu“.
Wie schon das Sprichwort sagt: Was für die oben exzentrisch ist, ist für die unten nur lächerlich. Zu diesen Manipulationen würde Groucho Marx sagen: „ Wem werden Sie glauben? Mir oder ihren eigenen Augen?“