Trump hindert Hunderttausende Kubaner an Überweisungen in die Heimat
Der US-Finanzdienstleister Western Union darf mit der kubanischen Firma Fincimex keine Geschäfte mehr machen. Die Hoffnung der Menschen auf Kuba ruht nun auf Joe Biden.
Klaus Ehringfeld
Mexiko-Stadt. Eine letzte Gemeinheit gegen Kuba hat sich Donald Trump bis zum Schluss aufgehoben: Wenige Tage vor der US-Präsidentenwahl unterzeichnete er ein Dokument, das die Finanzfirma Fincimex auf die Schwarze Liste der Unternehmen setzte, mit denen US-Konzerne keine Geschäfte machen dürfen.
Fincimex, die zum Firmenimperium GAESA der kubanischen Streitkräfte gehört, diente bisher als lokaler Abwickler für den US-Finanzdienstleister Western Union, der auf Auslandsüberweisungen spezialisiert ist. Aber seit vergangener Woche bleiben die Western Union/Fincimex-Büros zu, und Hunderttausende Kubaner kommen nicht mehr an die Dollar-Überweisungen der Verwandtschaft aus Miami oder New York.
Kuba tauschte zwar nach Trumps Ankündigung die Firma aus, die ab sofort die US-Auslandsüberweisungen abwickeln soll. Nun müssen die US-Behörden jedoch entscheiden, ob Servicios de Pago Red S.A. (Redsa) diese Aufgabe künftig übernehmen darf. Redsa hat bisher die Geldautomaten auf der Insel verwaltet und mit dem Firmenkonglomerat der Militärs nicht zu tun.
Western Union wickelte nach eigenen Angaben täglich Zahlungen von bis zu 2,4 Millionen Dollar nach Kuba ab. Nach einer Erhebung der in den USA ansässigen „Havana Consulting Group“ wurden bisher pro Jahr Heimatzahlungen in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar getätigt.
Die konkrete Höhe ist nur schwer zu ermitteln, da bis vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie auch viel Geld auf informellem Weg – etwa über Reisen – auf die Insel gelangte.
Karibikinsel droht Zahlungsunfähigkeit
Jeder Kubaner, der in den USA lebt, überweist laut „Havana Consulting Group“ im Durchschnitt zwischen 180 und 200 Dollar pro Monat in seine Heimat. Die Überweisungen gehören in normalen Zeiten zu den wichtigsten Devisenquellen der chronisch klammen Karibikinsel, noch vor dem derzeit brachliegenden Tourismus und dem Export von Zucker, Nickel und Biotech-Produkten. Havanna steht nun kurz vor der Zahlungsunfähigkeit.
In den vergangenen vier Jahren hat Trump die kommunistische Insel mit allen Mitteln unter Druck gesetzt: Sein Vorgänger Barack Obama hatte sich langsam an Kuba angenähert, unter Trump verschlechterten sich die Beziehungen jedoch dramatisch.
Er verhängte bereits zahlreiche Sanktionen gegen die Insel. Direkte Flug- und Kreuzfahrtverbindungen wurden gestoppt, Konsulate geschlossen und Überweisungen der US-Kubaner dramatisch zusammengestrichen. Das „Helms-Burton-Gesetz“ wurde aktiviert, um internationale Unternehmen zu bestrafen, die in Kuba investieren.
Hoffnung auf bessere Beziehung
Regierung und Bevölkerung hoffen nach dem Sieg von Joe Biden nun auf bessere Zeiten. Nirgends in Lateinamerika wurde der Sieg des Demokraten so ausgelassen gefeiert wie auf der Insel. „Wir glauben an die Chance einer konstruktiven und respektvollen bilateralen Beziehung mit der neuen US-Regierung“, sagte Staatschef Miguel Díaz-Canel.
Die Chancen stehen gut. Biden kritisierte die Strafe gegen Fincimex im Wahlkampf und erklärte, dass dieser Schritt nicht die Machtelite, sondern die Bedürftigen treffe. „Die US-Kubaner haben jedes Recht, ihren Angehörigen auf der Insel zu helfen“, sagte Biden und kündigte eine Entschärfung an, sollte er zum US-Präsidenten gewählt werden.
Wie diese aussieht, könnte als Indikator dafür dienen, welche Bedeutung die Insel in den kommenden Jahren für die neue US-Regierung haben wird.
Bereitschaft zu Reformen
Alberto Navarro, EU-Botschafter in Havanna, ist optimistisch, dass sich die Beziehungen zwischen Kuba und den USA unter Biden verbessern werden. Der künftige US-Präsident müsse nur die „Präsidentendirektive zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA“ aktivieren, die Barack Obama 2016 schuf. Dadurch würden die meisten Maßnahmen aus der Trump-Ära wieder rückgängig gemacht.
Auf Kuba hat sich seit der Obama-Ära derweil vieles verändert: Seit der Krise ist die Führung zu marktwirtschaftlichen Reformen bereit – insbesondere in der Landwirtschaft. Sie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig: Die Landwirtschaft macht vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 20 Prozent der Gesamtbeschäftigung aus. Bauern dürfen neuerdings selbst Groß- und Einzelhandel betreiben, solange sie die Regierungsquoten erfüllen.
Im Sommer wurden zudem staatliche Devisenläden eröffnet, in denen die Bevölkerung Windeln, Käse und Schweinefleisch kaufen kann. Diese Produkte waren auf der Insel lange nicht erhältlich.
Und die Hunderttausenden Kleinstunternehmer können jetzt im In- und Ausland Geschäfte machen und auf privaten Großmärkten einkaufen. Zuvor erhielten sie die Produkte zu überhöhten Preisen vom Staat.
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