»Wir wollen einen Beitrag zur Völkerverständigung leisten«
Neuer Verein für internationale Solidarität mit Venezuela gegründet. Heftige Kritik an westlicher Politik. Ein Gespräch mit Carsten Hanke
Interview: Kristian Stemmler
Carsten Hanke lebt in Rostock und engagiert sich für Venezuela
Vor kurzem haben Sie gemeinsam mit Unterstützern einen Verein mit dem Namen »Gesellschaft für Frieden und internationale Solidarität«, kurz Gefis, gegründet. Wie kam es dazu, und wer sind Ihre Mitstreiter?
Nach der Rosa-Luxemburg-Konferenz Anfang des Jahres in Berlin habe ich gemeinsam mit Carolus Wimmer, dem Vorsitzenden des venezolanischen Komitees für internationale Solidarität und Friedenskampf, kurz Cosi, nach Wegen gesucht, wie man die Solidarität mit Venezuela intensivieren könnte. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Ort, an dem sich die Unterstützungsbemühungen hätten bündeln lassen. Die Idee, selbst einen Verein zu gründen, drängte sich daher auf.
Welche Gedanken verbinden Sie mit dem Vereinsnamen?
Die Solidarität mit Venezuela ist für mich untrennbar verbunden mit der Unterstützung für alle Länder und Völker Lateinamerikas. Insoweit standen Simon Bolivar und Alexander von Humboldt Pate bei unserer Vereinsgründung. Und dass ohne Frieden alles nichts ist, braucht hier nicht erwähnt zu werden.
Bei einer Vereinsgründung müssen hierzulande viele Formalien beachtet werden. Wie weit sind Sie da?
In der Tat gleicht so etwas mit allem, was dazu gehört, einem Dauerlauf. Inzwischen ist unser Verein aber registriert, seine Gemeinnützigkeit anerkannt. Damit ist er voll arbeitsfähig.
Welche konkreten Ziele hat Ihre Organisation?
Hier möchte ich nur zwei nennen. Zum einen geht es uns darum, eine Gegenöffentlichkeit herzustellen, um dem von den USA und ihren Bündnispartnern verbreiteten Zerrbild über Venezuela entgegenzutreten. Zum anderen soll direkte solidarische Hilfe für die unter den Folgen der Sanktionspolitik leidende Bevölkerung organisiert werden. Wir wollen einen Beitrag zur Völkerverständigung leisten, indem wir zum Beispiel einen Jugendaustausch etablieren oder Bildungsveranstaltungen durchführen.
Über die Folgen westlicher Sanktionen in Venezuela, Kuba oder Nicaragua berichten die Leitmedien der BRD so gut wie nie. Wie sehen Sie die Blockaden und deren Konsequenzen?
Diese Blockaden sind unmenschlich. Die USA und in deren Schlepptau auch Deutschland nehmen wissentlich in Kauf, dass durch die Embargopolitik Menschen verhungern oder sterben, weil keine Nahrungsmittel und nicht einmal lebenswichtige Medikamente geliefert werden dürfen. Nach der hiesigen Rechtsprechung stellt Mord den Tatbestand einer vorsätzlichen Tötung dar. Für mich ist das Mord.
Es stellt sich die Frage: Warum werden die verantwortlichen Politiker der Länder, die sich dem US-Embargo unterwerfen beziehungsweise es tatkräftig unterstützen, nicht vor einem internationalen Gerichtshof angeklagt und verurteilt?
Sie haben sich große Ziele gesteckt. Wie wollen Sie Ihre Arbeit konkret organisieren?
Wir müssen unsere Aktivitäten immer darauf ausrichten, was wir leisten können. Getan werden müsste noch viel mehr – das ist uns bewusst und treibt uns an, neue Initiativen zu starten und mit allen fortschrittlichen Partnern, ob Vereinen oder Einzelpersonen, die sich mit unseren Initiativen identifizieren können, eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zu pflegen. Als erste Aktion starten wir in diesen Tagen die Initiative »Medizin für Venezuela«. Hier wird um Spenden geworben, mit denen notwendige Medikamente gekauft werden. Diese werden dann nach Venezuela gebracht und vor Ort zielgenau verteilt.
Ein schönes Beispiel von einem Zusammenwirken in der Solidaritätsarbeit war unsere erste Veranstaltung. Hier hatten wir in Rostock anlässlich des 50. Jahrestages des Sieges der Unidad Popular in Chile den politischen Aktivisten und Theologen Michael Ramminger vom Münsteraner Institut für Theologie und Politik zu Gast. Seine Botschaft, der wir uns anschließen, lautet: Sich zu erinnern bedeutet mehr als nicht zu vergessen. Auf diese Weise bleibt der Gedanke der Solidarität lebendig.