Kubas Staatssektor wird dezentralisiert
Von Marcel Kunzmann
amerika21
Havanna. Kubas Wirtschaftsministerium hat 15 neue Maßnahmen beschlossen, mit denen die staatlichen Unternehmen des Landes größere Autonomie erhalten sollen. So dürfen Staatsbetriebe künftig selbstständiger über ihre Finanzen verfügen, zudem entfallen Beschränkungen bei der Zahlung von Prämien.
„Wir müssen starke sozialistische Staatsunternehmen schaffen, die neben Fertigwaren auch Rohstoffimporte ersetzen und Produktionszyklen schließen“, erklärte Premierminister Manuel Marrero die Reform, die unter dem Motto „Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Sozialistischen Staatsunternehmens“ läuft.
Leitmotiv ist die Verlagerung von Kompetenzen auf die unterste Ebene der Staatsbetriebe, die „Unternehmerischen Basiseinheiten“ (UEB). Diese dürfen künftig Prämien und Bonuszahlungen jenseits der bisherigen Obergrenze von fünf Monatsgehältern tätigen. Zudem hält das bereits aus dem Devisen- und Tourismussektor bekannte Leistungssystem Einzug in alle staatlichen Unternehmen. Das Verhältnis zwischen UEBs und den ab 2012 geschaffenen unternehmerischen Dachverbänden, welche sich zu „Mini-Ministerien“ entwickelt hätten, soll neu abgesteckt werden.
UEB-Direktoren werden erstmals direkten Zugang zu Krediten und anderen Bankdienstleistungen für ihr jeweiliges Unternehmen erhalten und so über den Plan hinaus eigenständig Projekte anschieben können. Außerdem sollen Steuern und Gewinne für die Unternehmen auch auf lokaler Ebene eine größere Rolle spielen.
Mit der größeren Entscheidungsautonomie soll die angestrebte Verzahnung sämtlicher Eigentums- und Produzentenformen in Kuba ermöglicht werden, indem beispielsweise auch Genossenschaften und Privatbetriebe von den Unternehmen unter Vertrag genommen werden können.
Als neue juristische Figur ist die Bildung von Filialunternehmen vorgesehen, die jedoch nur einen „Zwischenschritt in der Restrukturierung und Modernisierung des Unternehmenssystems“ darstellten. Künftig sollen „Kleine und mittlere Unternehmen“ als eigene Rechtsform sowohl im Privatsektor als auch in Form von Staatsunternehmen gebildet werden können.
Die Entscheidungskompetenz über die Gründung, Auflösung und Fusion von staatlichen Unternehmen, die bisher beim Ministerium liegt, soll „dezentralisiert“ werden, wobei noch keine Details über die neuen Abläufe bekannt sind.
Das Maßnahmenpaket ist Teil der im Juli angekündigten neuen Wirtschaftsstrategie, mit der das Land den Folgen der Corona-Pandemie begegnen will.
granma mep cubadebate
https://amerika21.de/2020/10/244016/staatssektor-dezentralisierung