Justizflüchtling des Tages: Leopoldo López
Von Frederic Schnatterer
Verbrecher auch als solche zu bezeichnen ist reichlich kontraproduktiv, wenn es sich bei diesen um politische Verbündete handelt. In solchen Fällen werden andere Begrifflichkeiten vorgezogen. Hoch im Trend steht die des »politischen Gefangenen«. Für den venezolanischen Oppositionspolitiker Leopoldo López wird diese Bezeichnung in Zukunft allerdings selbst im Wunschdenken der Rechten nicht mehr zutreffen. Am Freitag abend türmte der rechtskräftig verurteilte Putschist aus der spanischen Botschaft in Caracas und aus Venezuela. Nachdem zunächst mehrere Vertraute aus dem Umfeld des Gründers der Rechtsaußenpartei »Volkswille« auf Twitter von der Absetzbewegung berichtet hatten, bestätigte López später seine illegale Ausreise.
Was wie eine Heldenstory aussehen soll, wirkt bei näherer Betrachtung eher jämmerlich. Die heimliche Flucht aus einer Botschaft, sprichwörtlich bei Nacht und Nebel, erinnert mehr an das Agieren eines geschlagenen Hundes, ganz gewiss jedoch nicht an das eines einflussreichen Politikers. Da hilft auch das auf Twitter herausposaunte Gehabe von López’ Ziehhündchen, dem selbsternannten »Interimspräsidenten« Juan Guaidó, nichts, der sich über die angebliche Machtlosigkeit des venezolanischen Sicherheitsapparats lustig machte.
Ohne mächtige Verbündete säße López schon längst im Knast – 2015 war er wegen Anstachelung zur Gewalt bei Protesten gegen die Regierung zu fast 14 Jahren Haft verurteilt worden. Nachdem er aus dem Hausarrest geflohen war, um sich im April 2019 an einem kläglich gescheiterten Putschversuch zu beteiligen, floh er in die spanische Botschaft, wo er fortan als »Gast« lebte. Und auch jetzt zeigten sich die Damen und Herren in der Madrider Regierung wieder von ihrer gastfreundlichen Seite. Am Sonntag landete López auf dem Flughafen der spanischen Hauptstadt.
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