Terrorzelle aufgelöst
Venezuela: Generalstaatsanwalt informiert über US-Spion und Hintergründe zu Anschlagsplänen auf Ölraffinerien
Von Volker Hermsdorf
Venezolanischen Sicherheitskräften ist es gelungen, eine Terrorzelle aufzulösen, die Angriffe auf militärische Einrichtungen und Sabotageakte gegen die Ölindustrie und das Stromnetz des Landes vorbereitet hatte. Generalstaatsanwalt Tarek William Saab informierte am Montag (Ortszeit) in Caracas über Details eines Einsatzes der Bolivarischen Nationalgarde (GNB) und die Pläne der mutmaßlichen Terroristen. Der Chefankläger verwies auch darauf, dass Präsident Nicolás Maduro am Freitag bereits die Festnahme eines US-amerikanischen Spions und dreier ihn begleitender Bürger Venezuelas bekanntgegeben hatte.
Rachefeldzug Washingtons
Bei dem mittlerweile als Matthew John Heath identifizierten Mann handelt es sich laut Ermittlungsbehörden um einen ehemaligen Angehörigen des »United States Marine Corps« (USMC), der auch für den US-Geheimdienst CIA im Irak aktiv war. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag berichtete, hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt weder das US-Außenministerium noch das Weiße Haus zu der am Donnerstag erfolgten Festnahme von Heath und dessen Begleitern und einer entsprechenden Beschwerde aus Caracas geäußert.
Die Generalstaatsanwaltschaft des südamerikanischen Landes verweist unterdessen auf Beweise, nach denen der US-Spion Mitglied oder sogar Anführer der aufgelösten Terrorzelle war. Im Fahrzeug der Verhafteten waren unter anderem ein AT-4-Granatwerfer, Kaliber 84 Millimeter, der auch bei den US-Marines zum Einsatz kommt, eine Maschinenpistole, Modell Uzi, Kaliber 9 Millimeter, mehrere Platten eines hauptsächlich vom Militär verwendeten C-4-Plastiksprengstoffs, ein Satellitentelefon, größere Mengen Bargeld in US-Währung sowie weitere Utensilien zur Vorbereitung und Durchführung von Anschlägen sichergestellt worden.
Saab erklärte, dass der US-Amerikaner ohne Reisepass illegal aus Kolumbien nach Venezuela gekommen sei. Er habe lediglich eine Kopie seiner Papiere in einem Schuh versteckt bei sich gehabt. Nach seiner Festnahme habe Heath sich geweigert, den Ermittlern den Code für das Satellitentelefon mitzuteilen und darum gebeten, mit jemandem in der US-Botschaft in Caracas sprechen zu können. Diese sei seit 2019 jedoch geschlossen. Trotz der mangelnden Kooperationsbereitschaft hätten weitere Beweise gesichert werden können, beispielsweise Bilder von Ölanlagen und militärischen Einrichtungen auf dem Telefon.
Staatschef Maduro bezeichnete die von den Söldnern geplanten Aktionen als Teil eines »Rachefeldzug des Gringoimperiums gegen Venezuela, mit dem sie uns an der Ölförderung und der Produktion von Ölderivaten, einschließlich Benzin, hindern wollen«. Er erinnerte daran, dass ein Team von Sicherheitsexperten, Ingenieuren und Technikern unter der Leitung des Vize- und Erdölministers Tareck El Aissami erst am Dienstag vergangener Woche einen Plan zur Sprengung der Raffinerie »El Palito« im Bundesstaat Carabobo aufgedeckt und zunichte gemacht hatte. Diese strategisch wichtige Anlage, deren Betrieb wegen der drakonischen US-Sanktionen Anfang des Jahres weitgehend reduziert werden musste, hatte die Benzinproduktion erst im Juni wieder aufnehmen können, nachdem iranische Öltanker Kraftstoff und chemische Zusätze dafür nach Venezuela geliefert hatten.
Wirtschaftliches Herz
Matthew John Heath und seine Begleiter waren am Donnerstag einer Streife der Bolivarischen Nationalgarde in Los Pedros an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Falcón und Zulia aufgefallen. In Zulia befindet sich auf der Halbinsel von Paraguaná der größte Raffineriekomplex des Landes. Heath wird unter anderem vorgeworfen, diesen ausspioniert zu haben. Ein Anschlag auf diese Anlagen würde das wirtschaftliche Herz des Landes treffen. Laut der spanischen Nachrichtenagentur Efe herrscht in Venezuela bereits seit Tagen Benzinmangel, wodurch sich in dem Land, das über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt verfügt, lange Warteschlangen vor Tankstellen bilden und die Wirtschaft schwere Schäden erleidet.
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