Ersatz für Correa gefunden
Ecuador: Linksbündnis nominiert Journalisten Carlos Rabascall als Vizepräsidentenkandidaten
Von Marius Weichler
In Ecuador hat das Linksbündnis »Unión por la Esperanza« (Unes, Union für die Hoffnung) am Mittwoch den Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten bei den Wahlen im Februar 2021, Carlos Rabascall, vorgestellt. Ursprünglich war der ehemalige Staatschef Rafael Correa für diesen Posten vorgesehen gewesen. Im August war er jedoch in einem Verfahren, das viele Beobachter als politisch motiviert bezeichneten, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Damit einher ging auch der Verlust seines passiven Wahlrechts.
Nun sollen es nach dem Willen des Linksbündnisses Rabascall als Vize- und der schon zuvor nominierte Andrés Arauz als Präsident richten. Bei der Vorstellung des Kandidaten am Mittwoch richtete sich Arauz mit deutlichen Worten an die Öffentlichkeit, was er als »Warnruf an die Welt« formulierte, berichtete die ecuadorianische Tageszeitung El Comercial. Das Verfahren gegen Correa mache die Einmischung der Regierung in den demokratischen Prozess deutlich. Die Vereinten Nationen und die Europäische Union forderte er auf, Beobachter zu entsenden. Correa selbst, der in Belgien lebt, lobte im Interview mit dem Sender RT am Mittwoch den neuen Vizekandidaten als »großartigen Humanisten und Progressiven mit guten Verbindungen in den Unternehmensbereich«.
Bei seiner Vorstellung betonte Rabascall, wie wichtig die Beteiligung der Bevölkerung am demokratischen Prozess sei. »Dies wird eine Regierung sein, die von den Bürgern aus den vernachlässigten Territorien regiert wird.« Der 59jährige gelernte Diplomkaufmann war weder Teil der Regierung Correas noch Mitglied in dessen Partei, dennoch gilt er als Vertrauter des vormaligen Präsidenten. Am Mittwoch betonte er, er fühle sich »geehrt«, den ehemaligen Staatschef »auf dem Wahlzettel vertreten zu dürfen«.
Bekannt ist Rabascall vor allem als ehemaliger Moderator und Kommentator des staatlichen Fernsehsenders Ecuador TV. 2017 hatte er nach Differenzen über die politische Einmischung der damals neuen Regierung von Lenín Moreno den Sender verlassen und konzentriert sich seitdem nach eigenen Angaben auf seine Beratertätigkeit in Politik- und Finanzfragen.
Auch ohne Correa werden Unes gute Chancen auf den Gewinn der Wahlen vorausgesagt. Eine Umfrage von »Atlas Político« unter mehr als 2.700 Befragten sieht Arauz mit 45,9 Prozent klar vor dem Rechtskandidaten und Multimillionär Guillermo Lasso, der auf 32 Prozent kommt. Lasso hatte 2017 in der Stichwahl knapp gegen den heutigen Präsidenten verloren. Das Duo Arauz/Rabascall würde demnach bereits in der ersten Runde gewinnen können.
Unterdessen kam es am Dienstag landesweit zu Protesten gegen die Regierung des rechten Staatschefs. Als Gegenleistung für Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte Moreno unter anderem angekündigt, die Gehälter im öffentlichen Dienst und Etats der Hochschulen zu kürzen. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer gegen die friedlichen Demonstranten in Quito ein. Arauz kritisierte in diesem Zusammenhang, es sei eine Schande, dass während der Gesundheitskrise zwei Milliarden US-Dollar an Auslandsschulden getilgt worden seien, gleichzeitig aber Lehrer und Mitarbeiter im Gesundheitswesen allein gelassen wurden.
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