Correa darf doch nicht kandidieren
Ecuador: Linker Expräsident nicht zu Präsidentenwahl zugelassen. Revision gegen Verurteilung angelaufen
Von Marius Weichler
Der ehemalige Präsident Ecuadors, Rafael Correa, ist nicht als Kandidat für die für den 7. Februar 2021 geplante Präsidentenwahl zugelassen worden. Das teilte die Nationale Wahlkommission des Landes (CNE) am Mittwoch mit. Correa, der das Land von 2007 bis 2017 regierte, war vom Linksbündnis »Unión por la Esperanza« (Unes, Union der Hoffnung) für das Amt des Vizepräsidenten nominiert worden. Staatschef soll der 35 Jahre alte promovierte Ökonom Andrés Arauz werden, der unter Correa führende Positionen in Zentralbank und Wirtschaftsministerium innegehabt hatte und als Minister für Bildung, Kultur und die Universitäten zuständig gewesen war.
Begründet wurde das Urteil gegen den Expräsidenten damit, dass dieser persönlich in der Hauptstadt Quito hätte erscheinen müssen, um seine Kandidatur vor der Wahlbehörde zu erklären. Correa, der seit Ende seiner Amtszeit hauptsächlich in Brüssel lebt, war bei seiner Registrierung jedoch lediglich per Video zugeschaltet gewesen. Seine für den Schritt mit einer Vollmacht ausgestattete Schwester, Pierina Correa, sollte an seiner Statt die Nominierung annehmen – ein Vorgehen, das der CNE unter Verweis auf die geltenden Regelungen ablehnte. Correa selbst hingegen vertritt die Meinung, dass die Verordnungen der Wahlbehörde keine physische Präsenz voraussetzen und eine unterschriebene Annahme der Kandidatur ausreichend ist. Auf Twitter rief er am Donnerstag seine Anhänger dazu auf, sich nicht täuschen zu lassen.
Eine Einreise nach Ecuador ist für den ehemaligen Präsidenten mit dem Risiko verbunden, unmittelbar verhaftet zu werden. Als Kandidat für die Vizepräsidentschaft hingegen würde er Immunität genießen. Im Juli hatte ein Berufungsgericht in zweiter Instanz im sogenannten Sobornos-Fall eine achtjährige Haftstrafe gegen den Linkspolitiker bestätigt. Hintergrund sind Vorwürfe angeblicher Bestechlichkeit und Korruption während Correas Präsidentschaft in den Jahren 2012 bis 2016.
Der Prozess, bei dem neben dem ehemaligen Staatschef weitere führende Mitglieder seiner Regierung angeklagt sind, gilt vielen als politische Inszenierung des aktuellen Präsidenten Lenín Moreno. Moreno, der zwischen 2007 und 2013 Correas Vize gewesen war, ging bereits kurz nach seinem Wahlsieg 2017 auf Abstand zur Politik seines Vorgängers. Unter seiner Präsidentschaft näherte sich Ecuador außenpolitisch wieder den USA an, beendete das Asyl von Wikileaks-Gründer Julian Assange in der Londoner Botschaft und war eines der ersten Länder, das den Putschisten und selbsternannten »Interimspräsidenten« Venezuelas, Juan Guaidó, anerkannte.
Innenpolitisch vertritt Moreno eine neoliberale Privatisierungs- und Kürzungspolitik, die im Herbst 2019 zu massenhaften Protesten gegen die Regierung führte. Bereits im Februar und somit vor Ausbruch der Coronapandemie in Ecuador lagen die Zustimmungswerte des rechten Staatschefs in der Bevölkerung bei gerade einmal sieben Prozent. Correa hingegen ist in großen Teilen der Bevölkerung weiterhin sehr beliebt und kritisiert die Politik seines Nachfolgers häufig und scharf. Insofern liegt der Verdacht nahe, dass führende Persönlichkeiten eine erneute Präsidentschaft des Linkspolitikers durch eine Verurteilung bereits im Vorfeld im Keim ersticken wollen. Correa droht nicht nur eine Haftstrafe, bei einer endgültigen Verurteilung würde er zudem für 25 Jahre von der Bekleidung öffentlicher Ämter ausgeschlossen.
Seit Donnerstag wird das Verfahren vor einem Revisionsgericht erneut verhandelt. Ob das Gericht jedoch die Entscheidungen der Vorinstanzen revidiert, darf angesichts des bisherigen Prozessverlaufes bezweifelt werden. Wie Präsidentschaftskandidat Arauz am Donnerstag auf einer Pressekonferenz erklärte, werde das Linksbündnis gegen die Nichtzulassung vorgehen. Auch die Anrufung internationaler Gerichte schloss der Politiker nicht aus.
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