Kampf für Gerechtigkeit
Immer noch im US-Knast: Simón Trinidad, Mitglied der früheren kolumbianischen Guerilla FARC-EP, feiert seinen 70. Geburtstag
Von Julieta Daza, Caracas
In Einzelhaft und abgeschottet von der Außenwelt im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence im US-Bundesstaat Colorado feiert Simón Trinidad am morgigen Donnerstag seinen 70. Geburtstag. Simón Trinidad ist sein Kampfname, eigentlich heißt er Ricardo Palmera. Er war Mitglied der ehemaligen kolumbianischen Guerillaorganisation FARC-EP, der er sich 1987 angeschlossen hatte, als die Verfolgung linker Organisationen durch den Staat und Paramilitärs einen ihrer Höhepunkte in dem südamerikanischen Land erlebte.
Während seiner langjährigen Zeit in der Guerilla galt Trinidad vor allem als Ideologe der Bewegung. Im Verlauf des Friedensdialogs zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung unter Präsident Andrés Pastrana von 1998 bis 2002 spielte er eine wichtige Rolle als Gesprächsführer der Guerilla. Die Verhandlungen scheiterten jedoch am mangelnden Friedensinteresse der Regierung. Das hatte sich spätestens im Jahr 2000 gezeigt, als die US-Regierung unter William Clinton die Umsetzung eines militärischen Kooperationsabkommens mit Kolumbien ankündigte. Das als »Plan Colombia« bekannte Abkommen wurde als Plan zur Drogenbekämpfung präsentiert, diente jedoch den USA zur Absicherung ihrer militärischen Einmischung und »Aufstandsbekämpfung«.
Inszenierte Anklage
Ende des Jahres 2003 begab sich Trinidad nach Quito in Ecuador, wo er die Aufnahme weiterer Friedensgespräche bewirken wollte. Anfang 2004 wurde er jedoch in Quito festgenommen und nach Kolumbien gebracht.
Laut einem Bericht der kolumbianischen Zeitung El Tiempo aus dem Jahr 2004 teilte Washington zum Zeitpunkt der Festnahme mit, dass die USA keine Verfahren gegen den Guerillero laufen hätten und somit auch kein Auslieferungsersuchen an Bogotá stellen würden. Doch wenige Monate später wurde Trinidad im kolumbianischen Gefängnis Cómbita von seinem damaligen Anwalt Oscar Silva über einen Auslieferungsantrag der US-Regierung informiert. Damals äußerte Silva, ebenfalls gegenüber El Tiempo, dass die US-Justiz die Anklagen gegen Trinidad in den letzten Monaten vermutlich »inszeniert« habe. 2013 veröffentlichte die FARC-EP ein Kommuniqué. Es bezog sich auf ein von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichtes Dokument, das eindeutige Rückschlüsse darauf erlaubte, dass es der damalige Staatschef Kolumbiens, der extrem rechtsgerichtete Álvaro Uribe Vélez, war, der die Auslieferung Trinidads unbedingt wollte.
Ende 2004 wurde Trinidad in die USA gebracht, wo er sich vier Gerichtsverfahren stellen musste. Zuerst wurde ihm Drogenhandel vorgeworfen. Diese Anschuldigung musste aus Mangel an Beweisen zurückgenommen werden. Letztendlich wurde er wegen angeblicher Beteiligung an der Entführung von drei US-Kriegssöldnern Anfang 2003 zu einer 60jährigen Haftstrafe verurteilt. Trinidad gab an, niemals Kontakt zu den drei US-Amerikanern gehabt zu haben. Er habe sich zum Zeitpunkt der Gefangennahme der US-Söldner nicht einmal in jener Region Kolumbiens aufgehalten, in der die Ereignisse stattgefunden haben.
Während des Friedensprozesses von 2012 bis 2016 zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung in der Amtszeit von Juan Manuel Santos forderte die Guerilla wiederholt die Rückführung Trinidads in sein Heimatland und seine aktive Teilnahme an den Verhandlungen. Doch die kolumbianische Regierung, die sich auf diplomatischer Ebene dafür hätte einsetzen können, tat nichts.
Im Jahr 2017 wurde Trinidad in die im Rahmen des Friedensdialogs ausgehandelte »Sonderjustiz für den Frieden« (JEP) aufgenommen. Um die Aufnahme Trinidads zu formalisieren, reiste eine von dem damaligen kolumbianischen Staatschef Santos genehmigte »diplomatische Delegation« in die USA. Dieser gegenüber versicherte Trinidad, er sei bereit, seinen Beitrag für die historische Aufarbeitung des kolumbianischen Konflikts, ein zentraler Bestandteil der Sonderjustiz, zu leisten.
Über dreieinhalb Jahre nach dem Abschluss des Friedensabkommens ist der politische, soziale und bewaffnete Konflikt in Kolumbien immer noch nicht beigelegt. In diesem Zeitraum sind laut dem Forschungsinstitut für Entwicklung und Frieden »Indepaz« bereits 971 soziale Aktivisten sowie 218 ehemalige FARC-Kämpfer ermordet worden – meist von Auftragsmördern, deren Vorgehensweise stark an die der Paramilitärs erinnert.
Jahrelange Isolation
Trinidad, der seinem Anwalt Mark Burton zufolge ein politischer Gefangener ist, sitzt unterdessen trotz gesundheitlicher Beschwerden und seines fortgeschrittenen Alters immer noch im Gefängnis. Das Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence wird von Menschenrechtsorganisationen wie dem US-Verband »Solitary Watch« scharf kritisiert, unter anderem wegen unmenschlicher Haftbedingungen, zum Beispiel jahrelange Isolationshaft. Aufgrund dessen haben zahlreiche Organisationen auf der ganzen Welt für den morgigen Donnerstag eine Aktion in den »sozialen Netzwerken« vorbereitet, um über den Fall Trinidads aufzuklären und unter der Losung »Free Simon Trinidad« seine Freilassung zu fordern.