Kuba erprobt neue Immuntherapie zur Behandlung von Covid-19
Von Marcel Kunzmann
amerika21
Havanna. Wie die Tageszeitung Granma berichtet, sind auf Kuba inzwischen klinische Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit eines neu entwickelten Medikaments für die Behandlung von Corona-Patienten angelaufen. Bei „CIGB-2020“ handelt es sich um eine experimentelle Immuntherapie, die das körpereigene Abwehrsystem von SARS-CoV-2-Patienten stärken und damit den Verlauf der Krankheit abschwächen soll. Die Freigabe zur Durchführung einer ersten Studie sei am 27. März erteilt worden.
Das Produkt wurde im kubanischen Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) in Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Institutionen entwickelt und soll insbesondere bei älteren Menschen die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs verringern. Das Medikament soll „die Moleküle auf der Zelloberfläche stimulieren“, um die angeborene Immunität zu stärken, erklärte der Direktor für Biomedizinische Forschungen im CIGB, Dr. Gerardo Guillén Nieto, in der abendlichen Fernsehsendung „Mesa Redonda“. Durch eine unspezifische lokale Aktivierung des Immunsystems soll eine systemische Aktivierung von Abwehrzellen ausgelöst werden. Bei ersten Versuchen mit Freiwilligen seien nach der oralen bzw. nasalen Verabreichung eine Steigerung der Anzahl von Lymphozyten und Makrophagen im Blut nachgewiesen worden.
Mit der neu entwickelten Immuntherapie leiste man zusammen mit anderen Gruppen auf der Welt einen Beitrag zu einem „aktuell stark diskutierten Forschungsfeld“. „Wir beweisen die Aktivierung des angeborenen Immunsystems und zeigen, wie dieses die spezifische Immunität gegen das Virus aktiviert“, so Dr. Guillén Nieto. Bis zur Zulassung des Wirkstoffs stünden jedoch erst noch weitere klinische Studien bevor. Das sozialistische Land verfügt bereits seit den 1980er Jahren über Erfahrungen bei der Herstellung von Interferonen, welche ebenfalls auf das körpereigene Immunsystem einwirken. Das bereits vor längerer Zeit vom CIGB entwickelte rekombinante Interferon alpha-2b wird aktuell in der Volksrepublik China zur Behandlung von Corona-Patienten eingesetzt, wo es seit 2007 unter dem Markennamen „Heberon® Alfa R“ zugelassen ist.
Kuba ist seit dem 11. März von den Folgen der weltweiten Corona-Pandemie betroffen. Damals wurden die ersten drei aus dem Ausland eingeschleppten Fälle gemeldet. Inzwischen haben sich auf der Insel bis Mittwochabend 1.235 Menschen mit dem Virus infiziert, 43 Personen sind an den Folgen der Covid-19-Erkrankung gestorben. Nachdem das öffentliche Leben auf Kuba seit Ende März in Folge mehrerer Maßnahmenpakete weitgehend zum Erliegen gebracht worden ist, steigt die Anzahl der Neuinfizierten inzwischen nicht mehr exponentiell. Kubas Gesundheitsministerium geht von einem Höhepunkt des Infektionsgeschehens in der ersten Maihälfte aus, insgesamt wird derzeit mit maximal 4.500 Fällen gerechnet.
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