Guaidó inszeniert Angriff
Venezuelas Regierung präsentiert Beweise, dass Oppositionspolitiker Attacke vortäuschte
Von Volker Hermsdorf
Der venezolanische Oppositionspolitiker Juan Guaidó fingierte wenige Tage vor einer von ihm für Dienstag angekündigten Demonstration einen Anschlag auf sein Leben. Am vergangenen Sonnabend zielte ein maskierter Mann in der Stadt Barquisimeto im Westen des Landes mit einer Schusswaffe auf eine Gruppe von einigen hundert Demonstranten, unter denen sich auch Guaidó befand. Die US-Nachrichtenagentur AP verbreitete ein Foto des Vorfalls und die internationalen Medien warfen den Unterstützern der linken Regierung vor, die Opposition gewaltsam zu unterdrücken. Der Auslandssender Deutsche Welle zitierte den rechten Politiker Guaidó mit der Aussage: »Die Diktatur hätte mich heute ohne Zweifel töten können.«
Ohne den Vorgang zu prüfen, verurteilten die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die Lima-Gruppe und die Europäische Union den vermeintlichen Angriff sofort. Am Donnerstag stellte sich jedoch heraus, dass der Zwischenfall von Guaidó und seinen Leuten selbst inszeniert worden war. Der mittlerweile von venezolanischen Sicherheitskräften verhaftete Pistolenmann gab zu, insgesamt 400 Dollar erhalten zu haben, um in der Bevölkerung vor der von Guaidó angekündigten Protestdemonstration »Angst und Schrecken« zu verbreiten.
Diosdado Cabello, der Vorsitzende der Verfassunggebenden Versammlung, hatte bereits am Montag erste Zweifel an der von Nachrichtenagenturen und im Internet verbreiteten Schilderung geäußert. Auf einer Pressekonferenz hielt Cabello das von AP publizierte Foto hoch, das zeigt, wie ein Mann in Straßenkleidung und Motorradhelm auf die Gruppe um Guaidó zielt, der die Unterhaltung mit seinen Gefolgsleuten aber trotzdem und offensichtlich unbeeindruckt fortsetzte. »Warum bleiben alle ruhig?«, fragte Cabello die Medienvertreter. AP räumte kurz darauf ein, dass die Agentur das von ihr verbreitete Foto nicht selbst aufgenommen, sondern »vom Team des Oppositionsführers« erhalten hatte.
Die Antwort auf Cabellos rhetorische Frage lieferte Venezuelas Kommunikationsminister Jorge Rodríguez am Donnerstag, als er der Presse die Festnahme von Climaco Eric Medina mitteilte, der von Sicherheitskräften als der Pistolenmann identifiziert worden war. In einem den Pressevertretern vorgeführten Video gestand Medina, von einem Vertrauten Guaidós die Waffe und 200 Dollar sowie das Versprechen erhalten zu haben, nach der Tat weitere 200 Dollar zu bekommen. Guaidó habe den Vorfall offenkundig selbst inszeniert, um internationale Aufmerksamkeit zu erregen, sagte Rodríguez. »Dieser Herr ist verzweifelt, weil er das, was er den Gringos versprochen hat, nicht halten kann.« Der Kommunikationsminister forderte die internationalen Medien auf, »zumindest dieses Mal die veröffentlichten Lügen zu korrigieren«.
Unterdessen hat Brasilien im Vorfeld der von rechten Oppositionellen für kommende Woche angekündigten neuen Aktionen die Konfrontation zum Nachbarland verschärft. Am Donnerstag kündigte das Regime des faschistischen Machthabers Jair Bolsonaro den Abzug seines gesamten diplomatischen Personals aus Venezuela an. Davon betroffen sind die Botschaft in Caracas und verschiedene Konsulate im Land. Zugleich forderte Brasilien die Regierung des gewählten venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro – den Bolsonaro als »Diktator« bezeichnete – auf, ebenfalls alle Diplomaten abzuziehen. Statt ihrer will Bolsonaro eine Gesandte Guaidós als Botschafterin akzeptieren. Brasilien gehört zu einer Gruppe von rund 50 der 193 UN-Mitgliedsländer, die den Oppositionellen als offiziellen Staatschef Venezuelas anerkennen, seit dieser sich im Januar 2019 selbst zum »Übergangspräsidenten« erklärt hatte.
https://www.jungewelt.de/artikel/373948.venezuela-guaid%C3%B3-inszeniert-angriff.html