Die neuesten Medikamente, die in Kuba erforscht und entwickelt werden
Die vielversprechende Liste von innovativen Projekten von BioCubaFarma macht sein Potential als führendes Hightech Unternehmen deutlich
februar 27, 2020 12:02:01
Wegen seines Potentials hat BioCubaFarma mit der Inkraftsetzung des Dekrets 2/2020, das definiert, was ein Unternehmen der Spitzentechnologie ausmacht, große Möglichkeiten, dass ein gutes Dutzend seiner Unternehmen die Kategorie Spitzentechnologie erreichen, weil sie über hohe technologische Standards und hochqualifiziertes Personal verfügen.
Eine seiner Prioritäten ist die Suche und Entwicklung neuartiger Medikamente für eine bestimmte Therapie, die anders wirken, als die bereits existierenden, um so die Optionen für eine wirksamere Behandlung zu erweitern, die die Lebensqualität der Patienten verbessert.
Zu diesem Thema sprach der Direktor der Abteilung Wissenschaft und Innovation von BioCubaFarma Dr. Rolando Pérez Rodríguez mit Granma.
– Wie viele innovative Forschungs-Entwicklungsprojekte mit potentieller Auswirkung auf die Gesundheit werden in den Einrichtungen der Unternehmensgruppe durchgeführt?
– Auf dem Gebiet der Biomedizin gibt es zur Zeit 102 Projekte von denen 75 innovativ mit kubanischem Patent sind. Etwa 25 % davon sind in der Entwicklung befindliche Produkte, die das Potential haben, sich als einzigartig in ihrer Art herauszustellen. Sieben von ihnen befinden sich in der Anfangsphase der klinischen Versuche und betreffen Therapien, die mit den Haupttodesursachen in unserem Land in Zusammenhang stehen.
– Wie viele haben mit der Behandlung von Krebs zu tun?
–Auf dem Gebiet der Onkologie haben wir die therapeutische Impfung HerberSavax des Zentrums für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) im klinischen Versuch der Phase II bei Tumoren im Eierstock und bei Leberzellkarzinom. Dieses Produkt hat eine antiangiogene Wirkungsweise d.h. es reduziert die Bildung von Blutgefäßen im Tumor und damit die Zulieferung von Nährstoffen und Sauerstoff, was zu einer Hemmung seines Wachstums führt. Die Vorversuche bei der klinischen Phase I, bei der die Sicherheit des Medikaments ausgewertet wird, haben gezeigt, dass es bei einigen Patienten zu einer Reduzierung des Tumorvolumens gekommen ist, was sehr ermutigend ist.
Auch stehen wir kurz davor, mit Patienten eine klinische Phase I mit einem Immunmodulator Biopharmazeutikum zu beginnen, das im Zentrum für Molekulare Immunologie für Patienten mit festen Tumoren gedacht ist. Dieses Biopharmazeutikum ist ein rekombinantes Protein, das ausgehend von Interleukin 2 (IL2) entwickelt wurde, das ein Faktor beim Wachsen von Lymphozyten ist, eine Art Leukozyten, die mit der Kontrolle der Immunreaktion des Organismus in Verbindung stehen. Besagtes Produkt fügt sich in das Feld der Immuntherapie des Krebses ein, ein Gebiet, in dem zur Zeit intensiv geforscht wird.
Wir haben weitere fünf Produkte entwickelt, die sich in der Anfangsstufe der klinischen Erprobung befinden. Zwei davon sind therapeutische Impfungen, zwei Peptide zur Tumortherapie und ein monoklonaler Antikörper.
– Sind neue Produkte zur Behandlung von Herz-Kreislauf- und zerebrovaskuläre Erkrankungen in der Entwicklung?
– Eine therapeutische Kombination, die als CIGB 845 bezeichnet wird, ein Peptid zusammen mit einem rekombinanten Protein, wird in einer klinischen Versuchsphase II/III bei Patienten mit einem nicht hämorrhagischen Hirninfarkt ausgewertet. Dieses Produkt hat eine neurogenerative Wirkungsweise, die das Gebiet des Infarkts nach dem ischämischen Anfall (Fehlen der Sauerstoffzufuhr) vermindert. Dies wurde bei Tierversuchen bewiesen. Die klinische Versuchsphase I/II brachte erste Beweise für eine Verminderung der Sterblichkeit bei Patienten und der Folgen, die zu Behinderungen bei denjenigen führen, die den Schlaganfall überleben. Wenn sich das bei der laufenden klinischen Untersuchung bestätigt, sollten sie den erwarteten Machbarkeitsnachweis liefern.
Auf der anderen Seite befindet sich CIGB 500 in der Entwicklung, ein Peptid mit einer starken kardioprotektiven Wirkung, die bereits bei verschiedenen Tierversuchen nachgewiesen werden konnte. Die klinische Phase I bewies die Sicherheit des Pharmazeutikums. Aktuell befindet es sich in der klinischen Untersuchungsphase II bei Patienten mit akutem Herzinfarkt. Die Ergebnisse müssten in der zweiten Jahreshälfte vorliegen.
– Die Demenz ist eines der Gesundheitsprobleme, die mit der Alterung der kubanischen Bevölkerung in Verbindung stehen. Welche neuen Produkte werden dafür erforscht?
– Das Erythropoietin ist ein Wachstumsfaktor der roten Blutkörperchen. Seine Produktion im industriellen Maßstab als rekombinantes Protein hat seine pharmakologische Nutzung bei Patienten mit Niereninsuffizienz ermöglicht.
Heute wissen wir, dass dieses Pharmazeutikum auch bei verschiedenen Zellen des Gehirns wirkt. Das CIM in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Forschung und Entwicklung von Medikamenten (CIDEM) hat ein neuartiges menschliches rekombinantes Erythropoietin (NeuroEpo) entwickelt, das ähnliche Eigenschaften wie jene hat, die im menschlichen Gehirn erzeugt werden und es wird bei den Patienten nasal angewandt. Es hat in Tierversuchen neuroprotektive Wirkung bei verschiedenen zerebralen Störungen gezeigt und zur Zeit befindet es sich in der klinischen Phase II für verschiedene Erkrankungen des Nervensystems, darunter zerebelläre Ataxie, Parkinson und Alzheimer.
Die klinische Untersuchung des NeuroEpo bei Alzheimer wurde im Jahr 2019 abgeschlossen und die Auswertung der Ergebnisse müsste in der zweiten Jahreshälfte vorliegen.
Weitere Produkte haben ihre therapeutische Wirkung auch bei Alzheimer gezeigt, darunter das bereits erwähnte CIGB845 und das CIDEM 164, ein Molekül, das aus einer chemischen Synthese gewonnen wird, die auf viele therapeutische Ziele im Gehirn agiert. Es ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit der Chemischen Fakultät der Universität Havanna. Außerdem gibt es noch das Amylovis, ein Molekül, das ebenfalls aus einer chemischen Synthese im Neurowissenschaftlichen Zentrum Kubas (Cneuro) erzielt wurde und das die Bildung von Beta-Amyloid Plaques hemmt.
Dr. Rolando Pérez Rodríguez führte weiter aus, dass man auch an innovativen Pharmazeutika für die Therapie von Autoimmunerkrankungen arbeite. Ein Beispiel dafür ist das Immunmodulator Peptid CIGB814, das sich in der klinischen Erprobungsphase II für die Behandlung von Patienten mit rheumatischer Arthritis befindet, ein Leiden, das zu einem hohen Grad an Behinderung führt.
Im Unterschied zu anderen Medikamenten, die bei dieser Erkrankung angewandt werden, hat dieses Pharmazeutikum keine immunsuppressive Wirkung und wirkt auch nicht direkt entzündungshemmend, sondern es stellt, durch die Expansion der regulierenden t-Zellen, die Kontrolle der Immunreaktion bei den eigenen Antigenen wieder her.
Was die neuen präventiven Impfstoffe angeht sagte Dr. Pérez Rodríguez, dass das Finlay Institut an einem Impfstoff gegen Pneumokokken arbeite. Vor kurzem sei die klinische Erprobungsphase III bei Kindern im Vorschulalter in der Provinz Cienfuegos mit befriedigenden Ergebnissen abgeschlossen worden und man müsse jetzt ihre Registrierung bei den entsprechenden Behörden in Kuba einreichen.
Dazu:
BioCubaFarma wurde 2012 gegründet und besteht aus 32 Unternehmen mit 65 Firmen und 80 Produktionslinien. Ihm sind außerdem noch 21 wissenschaftlich-technische Betriebe angegliedert.
Es umfasst über 20 000 Beschäftigte, deren Durchschnittsalter 42 Jahre beträgt. Dazu
gehören 17.000 Fachpersonal, Techniker und Bedienungspersonal sowie 1.250 Master und 278 Doktoren der Naturwissenschaften.
2019 wurden über 300 verschiedene Produkte in 43 Länder exportiert.
Im vergangenen Jahr wurden dem nationalen Gesundheitssystem 887 Produkte geliefert, davon 357 Medikamente. Das macht 57 % der Grundversorgung des Landes aus.