Linkes Gegengewicht
Internationaler Kongress zu Kommunikation und Medien in Caracas. Teilnehmer verurteilen Militärbündnis TIAR
Von Julieta Daza, Caracas
Am Mittwoch abend (Ortszeit) ist in Caracas das dreitägige Treffen zu Kommunikation und Medien unter der Losung »Jetzt sprechen die Völker« abgeschlossen worden. Dabei handelte es sich um die sechste und in diesem Jahr letzte internationale Veranstaltung, die im Juli bei der Tagung des Forums von São Paulo, ebenfalls in Caracas, geplant worden war. Das Forum von São Paulo gilt als bedeutendste Plattform der Linken auf dem amerikanischen Kontinent. Bereits zuvor fanden Treffen der Frauenbewegung, der Jugend und Studenten, der Arbeiterbewegung, von Initiativen zur Organisierung auf kommunaler Ebene sowie der indigenen und afroamerikanischen Gemeinden statt.
Luis Salazar, der bei verschiedenen alternativen Radiosendern in Caracas aktiv ist, erklärte am Rande des Treffens gegenüber jW, dort gehe es nicht nur darum, Solidarität mit Venezuela zu mobilisieren. Vor allem müsse dem Neoliberalismus in Lateinamerika und der ganzen Welt etwas entgegengesetzt werden. Ein Mittel dafür sei der Aufbau eigener Medien, wodurch die Macht des militärisch-industriellen Komplexes des Imperialismus über die Kommunikation beschränkt werden könne.
Die Abschlusserklärung des Kongresses, an dem über tausend Delegierte aus Venezuela sowie etwa 40 anderen Ländern teilnahmen, legte die weiteren Aktionen fest. So sollen gemeinsam eine internationale Medienplattform sowie ein weltweites Netzwerk, das die journalistischen Produkte der teilnehmenden Organisationen verbindet, gegründet werden. Außerdem soll eine »Internationale Universität für Kommunikation« gegründet werden.
In der Lobby des Hotels »Alba«, in dessen Veranstaltungsräumen die Tagung stattfand, wurden unter anderem alternative und von den Gemeinden selbst herausgegebene Zeitungen ausgestellt. Eines dieser Blätter ist die wöchentlich erscheinende Por Ahora (Bis jetzt), die im nördlichen Bundesstaat La Guaira erscheint. José López, einer der Herausgeber, erklärte im Gespräch mit jW, dass der durch den Kongress erreichte Austausch für ihn sehr wichtig gewesen sei. Den internationalen Gästen habe gezeigt werden können, dass es in Venezuela durchaus Meinungs- und Pressefreiheit gibt und dass das von bürgerlichen Medien verbreitete Bild über das Land meist sehr verzerrt ist.
Auch Humberto Gómez von der Zeitschrift Caracola (Schnecke), die über politische, kulturelle und regionale Themen berichtet, meldete sich zu Wort. Er erläuterte, ein wichtiger Punkt auf dem Kongress sei die Kritik am Treffen der Mitgliedsstaaten des TIAR (»Interamerikanischer Vertrag für gegenseitigen Beistand«) gewesen, das am Dienstag in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá stattfand. So verabschiedeten die Teilnehmer des Kongresses eine Resolution gegen jegliche Interventionsbestrebungen des Bündnisses. Zudem nahmen sie ebenfalls am Dienstag an einer Demonstration in Caracas gegen den von den USA angeführten Militärpakt teil.
Der TIAR ist ein regionales Militärbündnis, dem neben den USA 16 lateinamerikanische Staaten angehören. All diese Länder sind auch in der US-hörigen Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) organisiert. Beim Treffen am Dienstag erklärte der kolumbianische Präsident Iván Duque, das Bündnis sei notwendig, da die Regierung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro eine Bedrohung für die ganze Region darstelle. Außerdem verlangte er von den anwesenden Staatsvertretern, die Zusammenarbeit zu verbessern, um die Sanktionen gegen die venezolanische Regierung zu verschärfen. Bereits 2012 waren mehrere lateinamerikanische Staaten, unter ihnen Kuba und Venezuela, aus dem Pakt ausgetreten.
Tatsächlich kündigten Sprecher des TIAR-Treffens Sanktionen gegen 29 Personen an, die »mit der Regierung von Maduro in Verbindung stehen«. Bei den meisten handelt es sich um venezolanische Regierungsvertreter, unter ihnen Außenminister Jorge Arreaza sowie der Vizepräsident der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV), Diosdado Cabello. Wie die kolumbianische Zeitung El Espectador am Dienstag berichtete, dürfen diese nun – neben weiteren Einschränkungen – die Territorien der Mitgliedsstaaten des TIAR nicht mehr betreten.
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