Surfen oder in die Tiefe eintauchen?
Das Surfen bietet das aufregende Abenteue,r sich auf einer Art Brett den Wellen zu überlassen. Baricco benutzte diesen Sport, um die kulturelle Krise der Gegenwart zu beschreiben.
Die intellektuellen Erfahrungen dieser Epoche, sagte er, ähnelten einem „Surfen“, immer auf der Oberfläche, dabei vermeiden einzutauchen, tiefer zu tauchen, um zu erfahren, was es auf dem Grund gibt. Die Metapher fasst die Verehrung des Oberflächlichen zusammen, die die hegemoniale Unterhaltungsindustrie ihren Anhängern, insbesondere den jungen Leuten, weit entfernt von jeglichem Tiefgang vorschlägt. Moden, Marken, Frivolität, „Surfen“, immer an der Oberfläche, das ist das Ambiente, in dem sie die neuen Generationen heranbilden wollen.
Im Bereich der Computerisierung bedeutet der Begriff „Surfen“ sich mit den Überschriften der Nachrichten zufriedengeben, mit einem Funkensprühen in den sozialen Netzen , mit Stereotypen, mit Hüllen zu Fakten und Personen.
Die Produktionen dieser Industrie verehren den Kult des Augenblicks, die Verbreitung der Leere. Sie regen nicht zu intellektuellen Übungen an und auch nicht zu Anstrengungen, etwas komplexere Phänomen mit ihren Nuancen und Widersprüchen verstehen zu wollen. Sie präsentieren eine einfache Welt, die in „Gut“ und „Böse“ aufgeteilt ist, unter „Gewinnern“ und „Verlierern“.
Eine Botschaft wird immer wiederholt: Schau nicht zurück; mach dir das Leben nicht mit Zweifeln und Fragen kompliziert; beschäftige dich mit dir selbst und denke nicht an die anderen. Es macht keinen Sinn, Mitleid mit den „Verlierern“ zu empfinden, mit diesen Migranten, die zu Tausenden im Mittelmeer ertrinken oder an der Grenze zu den USA Misshandlungen und Demütigungen erleiden und manchmal sterben. Es ist ratsam, bei Ungerechtigkeiten und Verbrechen auf die andere Seite zu schauen. Genieße den Augenblick in deiner Blase, „hab Spaß“.
Die Krise der Kultur wird von einer schweren Krise der Ethik begleitet. In Serien, Filmen und Videospielen herrscht die Gewalt und das Gesetz des Stärksten, der Wettbewerb und das „Alles ist möglich“vor. Die scheinbaren Kulturproduktionen sind reine Ware. Sie sind einzig und allein zu dem Zweck hergestellt worden, die Korporationen zu bereichern.
Die ethischen Werte sind verzichtbar, aber nicht die Formeln, um die Konsumenten zu hynotisieren und in Süchtige zu verwandeln, während man sie gleichzeitig davon überzeugt, dass ihre Neigungen aus einer „freien“ Wahl, ausgehend von ihrem persönlichen Geschmack und ihren Vorlieben, entstanden sind. Aber es ist die Industrie, die durch ihre Medien- und Werbemaschinerie diesen Geschmack vorgibt und gleichzeitig eine alles mit sich reißende kulturelle Kolonisierung vorantreibt.
Sie verbreitet wirkungsvoll dem Norden entnommene Lebensmodelle und Muster von Schönheit, Erfolg und Glück. Nicht die aus den Elendsvierteln, die es in den trügerisch blendenden Städten der USA gibt, sondern die der privilegierten Minderheiten.
Mit den Worten von Frei Betto zielt das Projekt darauf, dass „der Jugendliche davon träumt, eines Tages reich zu sein, ein Pelé, eine Lady Gaga, ein Michael Jackson und sich für sein Leben vier Ziele setzt: Geld, Ruhm, Macht und Schönheit und wenn er keinen dieser Parameter erreicht, wird er sich in Antidepressiva, in Drogen flüchten.
Das Projekt geht auch davon aus, dass die Kinder und die jungen Leute aus dem Süden sich für ihre Wurzeln, ihre Herkunft und Traditionen, für ihr familiäres Umfeld und für die Gemeinde und das Land, in dem sie geboren wurden, schämen.
Martí erklärte, dass er mit seinem Buch „das Goldenen Zeitalter“ dabei helfen wolle, „unsere Erde mit authentischen Menschen zu füllen, die aufwachsen, um in dem Land, in dem sie leben, glücklich zu sein, in Übereinstimmung mit dem Land zu leben, ohne sich von ihm zu trennen und auch nicht, um darin zu leben, ohne etwas hervorzubringen, nur als nominelle Bürger oder Fremde, die Verachtung empfinden und es als Strafe ansehen, in diesem Teil der Welt geboren worden zu sein. Wir müssen sie so erziehen, dass sie Menschen ihrer Zeit und Unseres Amerika werden“, fügte er hinzu.
Heute ist die kulturelle Hegemonie die wirkungsvollste Waffe des Imperiums. Kuba hat zu seinen Gunsten die Kommunikationsmedien und Bildungseinrichtungen, die alle Ecken des Landes erreichen. Wir verfügen auch über Tausende von Intellektuellen, Künstler, Lehrer, Kunsterzieher und Kunstförderer. Die Kräfte der Kultur, die aus Martí und Fidel entstammen und empanzipatorisch sind, erfüllen im Hinblick auf die Kinder und Jugendlichen zwei Missionen: ihnen das für eine kritische und entkolonisierende Distanz gegenüber den hegemonialen Modellen und den lokalen Nachahmern grundlegende Instrumentarium anzubieten, damit sie die Fallen selbst demontieren können und sie dazu zu motivieren, kreativ am authentischen Kulturprozess mitzuwirken, seine Mysterien zu entziffern, in ihre Tiefen einzutauchen und das Schöne und die Fülle zu genießen, die die authentische Kunst uns gibt.
Unsere Anstrengungen dabei weisen jedoch Ungereimtheiten auf. Wenn wir kohärenter und besser abgestimmt arbeiteten, würden wir bei der Ausformung der authentischen Männer und Frauen ihrer Zeit, Unseres Amerika bessere Ergebnisse erzielen.
http://de.granma.cu/mundo/2019-05-17/surfen-oder-in-die-tiefe-eintauchen