USA-EU-BRD Hände weg von Venezuela
Hände weg von Venezuela, Fazit der Kundgebung
Kundgebung auf dem Bremer Marktplatz
An die hundert Menschen versammelten sich in Bremen zu einer Solidaritätskundgebung für Venezuela. Sie demonstrierten mit der Buchstabenreihe „Hände weg von Venezuela!“ gegen die Einmischung der USA. Diese ist verbunden mit Sanktionen und der Drohung einer militärischen Intervention. Andere westliche Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland schlossen sich der Einmischung in die inneren Angelegenheiten an. Sie erkannten völkerrechtswidrig Juan Guaidó als Präsidenten gegen den rechtmäßig gewählten Nicolás Maduro an.
Als erster Redner kam Heiner Fechner, Jurist, Wissenschaftler an der Universität Bremen und Vorstandsmitglied der „Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen“ zu Wort. Er legte dar, dass alle demokratischen Abläufe in dem Lande rechtens durchgeführt worden sind, auch die Wahl Maduros 2018.
Den USA gehe es in Wahrheit – so Fechner – gar nicht um die demokratischen Prozesse, sondern um den Ölreichtum Venezuelas und um seine Beherrschung, nicht nur des Öls, sondern des Landes und Lateinamerikas insgesamt. In diesem Sinne hatte bereits Barack Obama 2015 gegen Venezuela völkerrechtswidrige Sanktionen aufgebaut, unter denen das Land leidet.
Danach sprach Martha Varinia Valdez-Rojas. Sie ist in Venezuela geboren und hat die Veränderungen in ihrem Land seit dem Machtantritt von Hugo Chavez miterlebt. Unter ihm bekam die Mehrheit der Armen, die bis dahin in den Favelas lebte und „rechtlich wie politisch gar nicht existierte“, Rechte, Beteiligung an der Demokratie, Arbeit und Rente. Sie selbst konnte so auch eine kostenlose Bildung erhalten.
Die Partei von Juan Guaidó – so Valdez-Rojas – sei eine rechtsextreme Partei, die in Venezuela durch ihre Gewalt auf der Straße, ihre Verbindungen zur Mafia, zu den Paramilitärs in Kolumbien und rechten Republikanern in den USA bekannt sei. Zugleich habe sie gute Beziehungen zu den Großgrundbesitzern und zur Nahrungsmittelindustrie. Diese Partei und andere oppositionelle Kräfte haben im Ausland Sanktionen gegen Maduro gefordert. Solche wurden in den USA, London und anderswo durchgeführt, indem Milliarden Dollars des venezolanischen Staates konfisziert wurden, zum Schaden der Versorgung der Bevölkerung.
Zum Schluss brachten Frank Schwitalla vom Netzwerk Cuba e.V. Bremen und die Landesvorstandssprecherin der Partei Die Linke Cornelia Barth die Solidarität ihrer Organisationen zum Ausdruck.
Danach erklang die venezolanische Nationalhymne. Es moderierte die Kundgebung Barbara Heller, Sprecherin des Bremer Friedensforums.
Text und Fotos: Hartmut Drewes
Downloads zu den Reden von Heiner Fechner und Martha Varinia Valdez-Rojas:
Download: Rede Martha Valdez Rojas Venezuelanerin
Download: Rede Heiner Fechner
Bilder:
Solidaritätskundgebung für das Bolivarische Venezuela am 7.2.19 auf dem Bremer Marktplatz
- Redebeitrag von Martha Varinia Valdez Rojas, Venezuela
Februar
Der Monat Februar ist für uns in Venezuela sehr wichtig. Am 27. Februar 1989 gab es einen Aufstand des Volkes gegen die Privatisierungsmaßnahmen des ehemaligen Präsidenten Carlos Andres Perez. Und am 4. Februar 1992 gab es die erste Militärrebellion gegen Carlos Andrés Perez.
1989 (neunzehn hundert neun und achtzig) war ich zwölf Jahre alt. Ich bin am jenem Morgen des 27. Februar aufgewacht, und habe es erlebt, wie die Leute wegen Hungers auf die Straße gegangen sind. Die Gründe dafür waren:
Die vom IWF diktierten wirtschaftlichen Maßnahmen wie Privatisierung und Beendigung von Preiskontrollen
Die Verdoppelung der Buspreise am 27. Februar
An diesem Tag stand ein Panzer vor dem Balkon meiner Wohnung in Guarenas. Guarenas ist der Vorort von Caracas, an dem der Aufstand begann, weil die Leute sich den Weg zur Arbeit nicht mehr leisten konnten.
Die Regierung hat die Armee geschickt und den Aufstand niedergeschossen, mit mehr als 1.000 Toten.
Warum ist uns Februar wichtig? Wir haben in der Zeit kapiert, dass der Regierung von Carlos Andres Perez egal war, was die Leute erlitten haben.
Die Regierungen der 80er und 90er Jahre waren bereit, über Leichen zu gehen, um den Neoliberalismus zu installieren. Es sind die gleichen Leute, die heute in der Opposition das Sagen haben.
In der deutschen Presse bekommen wir den Eindruck, dass Präsident Maduro praktisch allein dasteht und sich nur auf das Militär stützen kann. Das ist Quatsch. Die ärmeren zwei Drittel der Bevölkerung haben immer noch viel zu verlieren. Und zwar nicht nur ökonomisch.
Die Bevölkerung vergleicht, was die Opposition in 40 Jahren gemacht hat, mit dem, was Chávez´ und Maduros Regierungen bis heute geschafft haben. Zum Beispiel hatten die Favelas vor Chávez kein Recht, sich zu organisieren. Sie haben rechtlich und politisch nicht existiert.
Unter Chávez´ Regierung haben sie das Recht bekommen, ihre Straße zu benennen, sie haben eine Postadresse bekommen und das Recht auf ihre Wohnung. Eine kommunale Selbstverwaltung, die sie selbst leiten. Und sie haben eine Arbeit oder eine Rente erhalten. In Venezuela wird es Partizipative Demokratie genannt.
Als Präsident hat Hugo Chavez zuerst der armen Bevölkerung geholfen. Die Armen bekamen Rechte, und ihre Meinung wird seitdem ernst genommen. Die Ausgeschlossenen wurden Teil des Staates. Mit Fehlern und Schwierigkeiten, sicherlich. Aber trotz wirtschaftlicher Probleme hat Präsident Maduro versucht, die gleiche Sozialpolitik weiter fortzusetzen. Mit 2 Millionen gebauten Sozialwohnungen, kostenloser Bildung und einem Gesundheitssystem für alle. Daher ist Maduro für die Armen eine Option. Und weil sie wissen, dass diese Maßnahmen unter einer anderen Regierung gestrichen werden. Selbst wenn sie vor den Wahlen etwas anderes versprechen. Wie vor den Parlamentswahlen 2015, wo sie versprachen, dass nach einem Wahlsieg der Opposition die wirtschaftlichen Probleme ein Ende haben.
In der aktuellen Situation Venezuelas gibt es zwei Faktoren, die besonders wichtig sind:
Die Beziehung zwischen der Opposition und der Lebensmittelproduktion sowie die Sanktionen und ihre Folgen.
Die Lebensmittelproduktion:
Die Lebensmittelproduktion ist großenteils in der Hand oppositioneller Konzerne und Großgrundbesitzer. Dafür ein Beispiel:
Die Firma Polar ist der größte Nahrungsmittelproduzent Venezuelas. Polar besitzt praktisch das Monopol für die Maisproduktion, das wichtigste Grundnahrungsmittel. Polar ist auch der größte Bierhersteller Venezuelas. Sie sind Eigentümer von Pepsi in Venezuela. All diese Produkte von Polar sind schwer zu finden, und wenn ja, sind sie extrem teuer.
Leopoldo Lopez ist der ehemalige Chef des Unternehmens. Er ist Cousin des Eigentümers des Konzerns. Er ist außerdem Begründer der Partei VP, Voluntad Popular, auf deutsch: Volkswille.
Volkswille oder Voluntad Popular ist die Partei von Juan Guaidó, der sich selbst zum Präsidenten Venezuelas ernannt hat. Es ist eine rechtsextreme Partei, die bei uns durch Gewalt auf der Straße, Verbindungen zur Mafia und Paramilitärs aus Kolumbien, sowie gute Kontakte zu rechten Republikanern in den USA und Rechten in Lateinamerika bekannt ist. Praktisch eine Schwesterpartei der AfD. Aber auch eine Partei mit guten Beziehungen zu Großgrundbesitzern und zur Nahrungsmittelindustrie.
Guaidó´s Partei übernahm als viertgrößte Oppositionspartei Anfang Januar turnusmäßig die Parlamentsführung. Guaidó selbst war davor fast völlig unbekannt.
Die Sanktionen:
Einige Folgen der Sanktionen betreffen:
- das Transportsystem, weil nötige Ersatzteile nicht importiert werden können.
- Die medizinische Versorgung, weil Devisen für den Import von Medikamenten eingefroren wurden
- Ersatzteile für die Ölindustrie und damit die wichtigste Devisenquelle des Landes.
Die genannten Folgen verursachen, dass die ökonomische Lage immer schlechter wird.
Oppositionelle Medien in Venezuela verbreiten die Idee, dass im Ausland das Leben besser wird. Das hat natürlich die Migration stimuliert.
Was wir heute in Venezuela erleben, ist nicht neu. Seit Jahren ist die Opposition durch die ganze Welt gereist, um Sanktionen gegen Venezuela zu fordern. Heute sind die Sanktionen schon durchgeführt: Milliarden Dollars, die für die Versorgung der Bevölkerung fehlen, sind in London, den USA und anderswo konfisziert.
Für die venezolanische Bevölkerung es ist schwer, vom normalen Einkommen Medikamente oder Lebensmittel zu kaufen. Die Sanktionen richten sich gegen die Bevölkerung, nicht gegen die Regierung.
Ist die Bevölkerung bestraft worden, weil sie für Maduro bestimmt haben?
Will Deutschland Venezuela helfen? Dann muss die Forderung lauten:
Hört auf, mit den rechtsradikalen Regierungen in den USA, Kolumbien und Brasilien einen Bürgerkrieg in Venezuela herbeizuführen! Stoppt die Unterstützung des Usurpators Guaidó! Hände weg von Venezuela!
2. Redebeitrag von Heiner Fechner, Mitglied des Vorstands der Vereinigung Demokratischer JuristInnen (VDJ):
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben uns heute versammelt, um über die aktuelle Lage in Venezuela zu sprechen.
Die Bundesregierung hat den Parlamentspräsidenten Guaidó als sogenannten „Übergangspräsidenten“ anerkannt, nachdem dieser sich selbst dazu ausgerufen hatte. Sie beruft sich wie auch die venezolanische Opposition auf Artikel 233 der venezolanischen Verfassung. Danach übernimmt der Parlamentspräsident die Amtsgeschäfte, wenn der gewählte Präsident noch vor Amtsantritt ausfällt. Als solche Ausfälle bezeichnet die Verfassung den Tod, den Rücktritt, die Abberufung durch den Obersten Gerichtshof, die medizinisch bescheinigte und von Oberstem Gerichtshof und Parlament bestätigte Amtsunfähigkeit, die Amtsaufgabe, sowie die Abwahl durch Abwahlreferendum.
Liegt auch nur einer dieser Gründe vor? Nein!
Aber wie steht es um die Präsidentschaftswahlen 2018? Führen diese wegen Illegalität zum Ausfall des Präsidenten, weil seine Amtszeit abgelaufen ist?
Die Bundesregierung und US-Präsident Trump halten die Wahlen 2018 für illegitim. Sie sagen, die Wahlen hätten keinerlei demokratischen Grundsätzen genügt. Aber stimmt das auch? Oder wie kommen sie darauf?
Zuständig für die Beurteilung dieser Fragen ist eigentlich der Oberste Gerichtshof Venezuelas. Seine Meinung spielt in den Medien allerdings keine Rolle. Denn dort wurden die Wahlen von der Oppositionsmehrheit gar nicht angegriffen.
Der Grund: ein Großteil der Opposition hat die Wahlen letztes Jahr boykottiert. Daher lag die Wahlbeteiligung auch nur bei knapp 50 Prozent. Also nur so hoch, wie regelmäßig im Nachbarland Kolumbien, und etwas weniger als regelmäßig in den USA. Aber reicht das aus, um die Wahlen zu delegitimieren?
Ich habe da keine Zweifel: die Antwort lautet nein! Wenn die SPD, die CDU oder die Linken hier Wahlen boykottieren würden, hätte das nur zwei Folgen: sie könnten als Partei die Wahlen nicht anfechten, wenn sie die Teilnahme nicht einmal versucht hätten. Denn dann könnten ihre Rechte auch nicht verletzt sein. Und sie müssten beim nächsten Mal Unterstützungsunterschriften sammeln. Im Kern genauso wie in Venezuela. Aber die Wahl wäre nicht unwirksam.
Wurde der Opposition die Teilnahme an den Wahlen verboten? Nein, ganz im Gegenteil! Nachdem die Opposition 2017 gewalttätige Proteste durchgeführt hatte, hatte die Regierung Maduro unter internationaler Vermittlung Verhandlungen aufgenommen. Die Forderung der Opposition war: sofortige Präsidentschaftswahlen. Unter Vermittlung des ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Rodriguez Zapatero und anderer einigte man sich dann im Februar/März 2018 darauf, die Wahlen Ende April 2018 durchzuführen. Aber als der Vertrag unterschriftsreif vorlag und der dominikanische Präsident zur feierlichen Unterzeichnung eingeladen hatte, kam es zur Schmierenkomödie: der damalige Oppositionschef Borges weigerte sich, zu unterzeichnen. Wie bei einer Hochzeit mit internationalen Gästen, bei der Braut oder Bräutigam vor dem Altar plötzlich „nein“ sagen.
Die Hälfte der Opposition nahm trotzdem an den Wahlen teil. Auf Bitte dieser Oppositionsteile, wurde die Wahl vom Nationalen Wahlrat um einen Monat verschoben. Der Oppositionskandidat Henri Falcón war kein Unbekannter: er war langjähriger Chef einer größeren sozialdemokratischen Partei, seit 2008 Abtrünniger des Chavismus, und auch nominiert von der venezolanischen Schwesterpartei der CDU, COPEI. Außerdem war er viele Jahre Gouverneur eines der größten Bundesstaaten Venezuelas, des Staates Lara. Aber wegen des Wahlboykotts seiner vermeintlichen Verbündeten hatte er keine Chance gegen Maduro.
Wie legitim ist die Wahl also? Maduro wurde von knapp 67 % der Wähler_innen gewählt. Das sind mehr als 30 % der Wahlberechtigten. Vergleichen wir: bei Präsident Trump waren es 25,5 %. Weniger übrigens als bei Hillary Clinton, die nicht Präsidentin wurde. Aber Herr Trump hält die Wahlen in Venezuela für illegitim. Und verlangt Neuwahlen. Mit welchem Recht? Und warum fordert die Bundesregierung keine Neuwahlen in den USA? Und erkennt Hillary Clinton als Übergangspräsidentin an?
Gab es in Venezuela vielleicht eine Wahlfälschung? Nein, und das ist im venezolanischen Wahlsystem auch kaum möglich. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, der mit seinem Carter-Center in rund 100 Ländern Wahlen beobachtet hat, hält das venezolanische Wahlsystem technisch für das beste der Welt. Viel sicherer als das der USA übrigens.
Ein weiterer Vorwurf: Maduro habe das Parlament entmachtet und ein Parallelparlament eingesetzt. Das stellt die Tatsachen auf den Kopf! Warum? Bei den Parlamentswahlen war es 2015 zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Zwei zur Opposition gehörende Kandidaten für die Sitze der indigenen Minderheit hatten vor laufender Kamera Wähler_innen bestochen und waren so gewählt worden. Auf Antrag der Gegenkandidaten entschied der Oberste Gerichtshof, dass die beiden Oppositionsabgeordneten wegen erdrückender Beweise nicht vereidigt werden durften. Sie sollten nicht zu Parlamentariern werden. Da für die Opposition die 2/3-Mehrheit im Parlament davon abhing, hat sie das Urteil des Obersten Gerichtshofs ignoriert und die beiden trotzdem vereidigt.
Damit ist seitdem das Parlament falsch zusammengesetzt. Der Oberste Gerichtshof urteilte daher wiederholt, dass sämtliche Akte des Parlaments unwirksam sind, solange die Vereidigung nicht rückgängig gemacht wird. Die Opposition ist dem Urteil des Obersten Gerichtshofs bis heute nicht nachgekommen. Sie hat sich also selbst außer Kraft gesetzt.
Da Venezuela so seit Anfang 2016 ohne funktionsfähiges Parlament ist, kam es zunehmend zum Gesetzgebungsnotstand. Das oppositionelle Parlament sah und sieht als seine wesentliche Aufgabe den Sturz der Regierung vor – entgegen der Verfassung. Wenn es wegen eines Verfassungskampfes zu einem Stillstand zwischen den Staatsorganen kommt, ermöglicht die venezolanische Verfassung von 1999 in seinen Artikeln 347 bis 350 die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung. Demnach kann das venezolanische Volk eine verfassunggebende Versammlung mit dem Ziel einberufen, den Staat zu transformieren, eine neue Rechtsordnung zu erschaffen und eine neue Verfassung zu entwerfen. Nach Artikel 349 dürfen sich die bestehenden Staatsgewalten einschließlich des Präsidenten keiner Entscheidung der verfassunggebenden Versammlung entgegenstellen.
Präsident Maduro machte Mitte 2017 inmitten des Staatsstillstands und großer Unruhen von seinem Recht Gebrauch, die Wahl einer solchen verfassunggebenden Versammlung einzuberufen. Die Opposition, die das Vertrauen der Bevölkerung verspielt hatte, sah hier keine Chance und rief schon damals zum Boykott der Wahl auf. Entsprechend ist sie nicht in der verfassunggebenden Versammlung vertreten. Das allerdings verantwortet nicht Präsident Maduro, sondern die Opposition selbst. Allerdings wurde sie von Anfang an bei diesem Boykott von den USA und ihren westlichen Verbündeten unterstützt.
Wer den Rechtsstaat und die demokratische Selbstbestimmung schützen will, muss sich hier gegen die Einmischung von außen, vor allem gegen die USA stellen. Denn in Venezuela geht es ums Öl. Es geht um Verteilungsfragen. Und es geht um den vermeintlichen Hinterhof der USA.
Venezuela besitzt sehr viel Öl – das größte Vorkommen der Welt. Präsident Trump hat vor wenigen Tagen gesagt: die Einmischung in Libyen gegen Gaddafi war falsch – er hätte das nur gemacht, wenn die dortige Opposition zunächst US-Unternehmen 50 % ihres Öls versprochen hätte. Was hat also die von den USA und Deutschland unterstützte Opposition dem Westen versprochen, dass dieser mitspielt?
Aber es geht nicht nur ums Öl selbst. Zweitens geht es auch um die Macht, die vom Öl ausgeht. Venezuela hat beispielsweise in den letzten 15 Jahren ökonomisch schwachen Staaten der Region Öl zu Sonderkonditionen verkauft – mit der einzigen Maßgabe, dass die Vorteile der Bevölkerung zugutekommen, nicht Privatunternehmen. Dafür haben sich viele karibische Staaten jetzt mit Venezuela solidarisiert – und tanzen den USA auf der Nase herum.
Ein ölreiches Venezuela mit einer linken Regierung gefährdet aber auch den Zugang zu günstigen Rohstoffen in der Region, die die ganze Welt mit Öl und Gas, mit Metallen und Nahrungsmitteln versorgt. Venezuelas Motto ist seit Hugo Chávez: die Reichtümer des Landes müssen vor allem der einfachen Bevölkerung dienen.
Das sind die 50, 60 Prozent der Bevölkerung, die in den Ländern des globalen Südens typischerweise außerhalb des Rechts stehen. Die in Slums und Favelas in illegal errichteten Wohnungen leben. Die keine sozialversicherungspflichtige Arbeit kennen, sondern als „Informelle“ von der Hand in den Mund leben. Für sie gab es in Venezuela vor Chávez nie einen Rechtsstaat – nur die Gewalt des Staates.
Die Rechte der Armen sind ein Grund für die Intervention. Wenn der Reichtum der Länder des Südens umverteilt wird, bleibt weniger für die weiße Oberschicht, und weniger für die Unternehmen des Nordens. Wenn die Staaten des Südens demokratisiert werden, ist das westliche Modell des Kapitalismus in Gefahr. Denn das basiert auf billigen Rohstoffen – und auf der Ausbeutung des Südens.
Aus dem Rechtsstaat war die arme Bevölkerung Venezuelas bis vor 20 Jahren ausgeschlossen. Um ihn geht es hier nicht. Und weder der Bundesregierung noch den USA geht es um die Demokratie in Venezuela. Denn wenn es wirklich um Demokratie ginge, dann dürfte man zuallererst eine Einmischung in den bluttriefenden absolutistischen Systemen in Saudi-Arabien, Katar, Kuwait usw. erwarten.
Die aktuelle Intervention ist kein einmaliger Vorgang. Die USA haben eine lange Tradition völkerrechtswidriger Einmischungen in Lateinamerika. In Venezuela haben sie den Putsch 2002 gegen Chávez unterstützt. Sie haben alles in ihrer Macht Stehende getan, um das venezolanische Wirtschaftssystem zu schwächen. Es war Präsident Obama, der 2015 per Präsidentendekret Venezuela zur Bedrohung der USA erklärte und auf dieser Grundlage das völkerrechtswidrige Sanktionsregime aufbaute. Ich zitiere wörtlich: Obama erklärte gegenüber dem US-Kongress eine „national emergency with respect to the unusual and extraordinary threat to the national security and foreign policy of the United States posed by the situation in Venezuela”. Die USA im Notstand wegen der außerordentlichen Gefahr für ihre Sicherheit, die von Venezuela ausgeht.
Die Sicherheit der USA wird durch Venezuela bedroht, und dem Westen geht es um Demokratie und Menschenrechte in Venezuela. Und die Erde ist eine Scheibe.
Die USA und ihre westlichen Verbündeten betreiben das, was man als euphemistisch als Regime Change bezeichnet. Einen Staatsstreich. Die USA und mit ihr die Bundesregierung versuchen das ihnen Mögliche, um einen Bürgerkrieg herbeizuführen. Denn die demokratisch legitimierte Regierung Maduro und die ärmere Hälfte der Bevölkerung wird nicht freiwillig aufgeben. Denn ihnen geht es um mehr als um ein paar Almosen des Westens: ihnen geht es um die Würde. Viele Venezolaner_innen aus den Favelas und vom Land sind unzufrieden mit Maduro. Aber das letzte, das sie dulden würden, ist die erneute Einsetzung eines Präsidenten durch die USA und Europa.
Die USA und Deutschland stehen hier in der neokolonialen oder imperialistischen Putsch-Tradition, die unendlich viel Leid über Lateinamerika gebracht hat. Kein Land in Lateinamerika ist davon verschont geblieben. Die USA haben unzählige Marionettenregime und Diktaturen eingesetzt oder ihnen zur Macht verholfen. Das gleiche versuchen sie jetzt mit Venezuela und Herrn Guaidó. Sie treten das Völkerrecht und das in der UN-Charta verankerte Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates, sprich: die Souveränität – mit Füßen.
Wir sagen:
Schluss damit!
Herr Maas, Frau Merkel, beachten Sie das Völkerrecht!
Stoppen Sie die neokolonialistische Einmischung!
Hände Weg von Venezuela!
Ein 3. Vortrag von Frank Schwitalla von der Gruppe „Bremen-Cuba: Solidarität konkret“ ging auf die engen Beziehungen zwischen Cuba und Venezuela und die Bildung der Staatengemeinschaft „ALBA“ (Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika) ein. Die Länder innerhalb von ALBA haben Beziehungen des gegenseitigen Vorteils, alle profitieren davon.
Daher wäre ein erfolgreicher Putsch in Venezuela nicht nur für dieses Land eine Katastrophe, sondern auch für die Entwicklung ganz Lateinamerikas.
Er zeigte auf, dass im Verbund mit den Oligarchien in den jeweiligen Ländern, die USA mit der Organisierung von Putschen in den letzten Jahren schon erfolgreich war:
2009 Honduras mit Zelaya, 2012 Paraguay mit Lugo und 2016 Brasilien mit Rousseff.
Es gehe den USA um die Zurückgewinnung ihres Hinterhofes, gegen die Selbstbestimmung und Souveränität der Staaten und letztendlich um die Rohstoffe.
Er führte weiter aus, dass der US-Imperialismus immer aggressiver geworden ist, um seine Ziele zu erreichen. Beispiel die Aussage von Bolton, Maduro nach Guantánamo (von den USA okkupiertes Territorium in Cuba!) ins Gefängnis zu stecken, sollte er nicht abtreten.
Beispiel die Aussagen von drei US-Senatoren, dass sie gegen eine Wiederwahl von Evo Morales in Bolivien sind.
Beispiel die Androhung und Vorbereitung einer militärischen Intervention in Venezuela.
Es scheine so, als wenn der US-Imperialismus und seine Vasallen aus der EU machen könne, was sie wollen.
Aber dem wäre zum Glück nicht ganz so:
Beispiel die Abstimmung in der von den USA beherrschten OAS, wo sie sich mit dem Antrag, Guaidó als Präsidenten Venezuelas anzuerkennen, nicht durchsetzen konnte.
Beispiel die Nichtanerkennung Guaidós durch die Staaten der CARICOM und von Mexico und Uruguay.
Beispiel die Tatsache, dass durch das Veto einiger Staaten die EU Guaidó nicht anerkennen konnte.
Beispiel die Aussage des Sprechers des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres, Stéphane Dujarric, der daran erinnerte, dass sowohl der UN-Sicherheitsrat als auch die Mehrheit der Staaten in der UN-Generalversammlung vertreten, dass Nicolás Maduro der rechtmäßige Präsident von Venezuela ist.
Beispiel die Tatsache, dass es in vielen Städten in vielen Ländern Solidaritätskundgebungen für das Bolivarische Venezuela gab und gibt.
Weiter führte der Redner aus, dass der Konflikt um Venezuela die Kriegsgefahr erhöhe und die Aggressivität des Imperialismus sich auch in andren Teilen der Welt erhöhe. Gefährliche Beispiele seien die Suspendierung des INF-Vertrages, die Konfrontation mit China und die weitere Aufrüstung der NATO-Staaten.
Darum wäre es wichtig, auch in Solidarität mit Venezuela sich dieser Politik entgegenzustellen.
Zum Schluß las Frank als Vetreter der Cubasolidarität noch die Resolution zu Venezuela vom 2.2.19, beschlossen auf der JHV des NETZWERK CUBA, vor.