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Kuba-Konferenz DER LINKEN
Am 26.1.2019 führte DIE LINKE ihre zweite Kuba-Konferenz durch unter dem Titel „Das sozialistische Kuba vor neuen Herausforderungen“.
Kubanische Gäste waren der Botschafter der Republik Kuba Ramón Ignacio Ripoll Díaz, der die Konferenz zusammen mit Bernd Riexinger eröffnete, Joaquín Bernal Rodríguez, Abgeordneter und Spezialist für Rechtsfragen, Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kuba (PCC) und Adalberto Ronda Varona, Direktor des Forschungszentrums Internationale Politik (Centro de Investigaciones de Política Internacional – CIPI).
Demokratie
Einen ersten Schwerpunkt der Konferenz bildete die neue kubanische Verfassung, die am 24.2.2019 in einem Volksentscheid nach dreimonatiger öffentlicher Diskussion1) mit mehr als 783.000 Vorschlägen und rund 8,9 Millionen Teilnehmer*innen2) erarbeitet wurde. Seit Anfang Januar können die Kubaner den reformierten Verfassungstext für je einen kubanischen Peso kaufen3) und sich auf das Referendum vorbereiten.
Wenn die Mainstream-Medien noch Mitte vorigen Jahres breit darüber berichteten, dass im damaligen Entwurf kein Bezug auf den Kommunismus enthalten war, sagt das gegenwärtige Schweigen mehr als genug: Der erste Vorschlag gehörte zu den am meisten diskutierten und wurde öffentlich kritisiert. Im Ergebnis der Volksaussprache heißt es jetzt in der Präambel: „Nur im Sozialismus und Kommunismus kann der Mensch seine volle Würde erlangen.“ Und auch im Artikel 5 ist die kommunistische Gesellschaft als Ziel definiert.
Damit werde »eine Manipulation unserer Gegner« beendet, die von einem Systemwechsel in Kuba träumten, erklärte der Abgeordnete Yusuam Palacios im Parlament4).
Doch mit mehr als 192.400 Vorschlägen wurde am intensivsten das Konzept der Ehe zwischen Mann und Frau zum Zweck der Fortpflanzung diskutiert. Die Mehrheit ist dafür, das bisherige beizubehalten. Allerdings wird der Begriff Partner neu eingeführt, was auch die Möglichkeit gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht ausschließt. Weitere Konkretisierungen erfolgen innerhalb von zwei Jahren durch ein novelliertes Familiengesetzbuch.
genauere Auflistung der Änderungen hier:
https://amerika21.de/analyse/220099/kuba-neuer-verfassungstext
Aus ökologischer Sicht besonders interessant war ein Workshop, in dem der kubanische Klimaschutzplan „Tarea Vida“5) im Zentrum stand.
Kuba hat eine lange Tradition in der Nachhaltigkeitspolitik.
Das beginnt 1961 mit der umfassenden Alphabetisierungskampagne. Diese ist in dem Zusammenhang wichtig, denn nur gebildete Menschen sind in der Lage, die Konsequenzen ihres Handelns richtig zu beurteilen und daraus Schlüsse zu ziehen.
Bereits in der kubanischen Verfassung 1976 gibt es in Artikel 27 den Satz „Der Staat schützt die Umwelt und die natürlichen Ressourcen des Landes. (…) Es ist die Pflicht der Staatsbürger, zum Schutz (…) beizutragen.”
1981 wurde das Gesetz Nr. 33 „Umweltschutzgesetz” beschlossen.
1991 – in der „Sonderperiode“6)(!) – begann die Kubanische Akademie der Wissenschaften mit systematischen Forschungen zum Klimawandel und 1992 wurde der Verfassungsartikel 27 um das Ziel der nachhaltigen Entwicklung ergänzt und nach der Konferenz in Rio hat Kuba die „Agenda 21” und die anderen Dokumente des UN-Erdgipfels umgehend ratifiziert und mit der Umsetzung begonnen.
Meilenstein: Gründung des Umweltministeriums
1994 wurde das Umweltministerium CITMA (Ministerio de Tecnología y Medio Ambiente) gegründet und damit die Umweltentwicklung im Zusammenhang von ökonomischer, ökologischer und sozialer Politik auf die politische Agenda Kubas gesetzt. Das führte 1997 zum Beschluss einer Umweltstrategie und 2005 zu einem „Programm zur Anpassung an den Klimawandel„. Dazu gehört die Energie-Revolution7) mit den Strategielinien:
- Modernisierung
- Dezentralisierung
- Geräteaustausch
- Neues Tarifsystem
- Ausbau regenerativer Energien
2011 beschäftigte sich der VI PCC-Kongress mit der Wissenschafts- und Umweltpolitik. Schließlich genehmigte der Ministerrat am 25. April 2017 den Klimaschutzplan „Tarea Vida“. Zuständig ist CITMA.
Sein Ziel besteht darin, die für Kuba prognostizierten starken Veränderungen der klimatischen Bedingungen und die damit verbundenen großen Schäden8) abwenden bzw. minimieren.
Aufgabenbereiche von Tarea Vida:
- Sicherung der Verfügbarkeit und effiziente Nutzung des Wassers
- Wiederaufforstung für besseren Schutz des Bodens und des Wassers
- Schutz der Korallenriffe und Sanierung
- Erneuerbare Energie
- energetische Effizienz
- Nahrungsmittelsicherheit
- Gesundheit
- Tourismus
Tarea Vida ist ein Investitionsprogramm in den oben genannten Gebieten in unterschiedlichen Zeithorizonten:
- kurzfristig (2020)
- mittelfristig (2030)
- langfristig (2050) und
- sehr langfristig (2100)
Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben Verfassungsrang
Jetzt steht in der kubanischen Verfassung:
Artikel 13
Der Zweck des Staates besteht darin, zu erreichen
e) Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, die individuellen und kollektiven Wohlstand, die Erreichung eines höheren Niveaus an Recht und Gerechtigkeit, sowie die Erhaltung und Vermehrung der Errungenschaften der Revolution gewährleistet.
Artikel 16
Die Republik Kuba [in den internationalen Beziehungen]
f) fördert den Schutz und die Erhaltung der Umwelt und die Bewältigung des Klimawandels, der das Überleben der menschlichen Spezies bedroht, (….) und die Etablierung einer gerechten internationalen Wirtschaftsordnung und die Beseitigung irrationaler Muster von Produktion und Verbrauch.
Verglichen mit einer solchen zielstrebigen, langfristigen und an den Menschen orientierte Umweltpolitik kann das konzernhörige Klein-Klein der Bundesregierung und insbesondere das Ergebnis der von ihr eingesetzten Kohlekommission (siehe https://www.oekologische-plattform.de/2019/01/der-berg-hat-gekreisst/) nur ein müdes Lächeln entlocken.
Wie sagte Fidel Castro auf dem UN-Weltgipfel (Rio 1992:
„Eine wichtige biologische Spezies läuft Gefahr zu verschwinden aufgrund der schnellen und progressiven Beseitigung seiner natürlichen Lebensgrundlagen: der Mensch. … Wenn man die Menschheit vor dieser Selbstzerstörung bewahren will, müssen die Reichtümer und die verfügbaren Technologien auf dem Planeten besser verteilt werden. …
Kein weiterer Export in die Dritte Welt des Lebensstils und der Konsumgewohnheiten, welche die Umwelt ruinieren. … Es muss eine international gerechte Wirtschaftsordnung umgesetzt werden. Wendet all die notwendige Wissenschaft für eine nachhaltige Entwicklung an. … Bezahlt die ökologischen Schulden, nicht die Auslandsschulden. Damit der Hunger verschwindet und nicht der Mensch.“
und 2012 in Havanna beim Treffen Intellektueller auf der Internationalen Buchmesse:
„Der größte Widerspruch unserer Zeit ist die Fähigkeit der menschlichen Gattung, sich zu zerstören und ihre Unfähigkeit, sich zu regieren.“
In Deutschland müssen wir uns schon zufrieden sein, wenn überhaupt ein Ergebnis erzielt wird.
Wolfgang Borchardt
27.1.2019